: ZENSUR DES HUNGERSTREIK-THEMAS
■ Erklärung eines irischen politischen Gefangenen
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Euch auf die totale Zensur des Hungerstreikthemas, so wie ich es im Moment erlebe, aufmerksam zu machen. Natürlich gibt es politische Gründe dafür, die ich erklären will.
Als irische politische Gefangene wurden ich und mein Landsmann für die ersten sechs Monate unserer Untersuchungshaft in Isolationshaft festgehalten. Dies war praktisch dasselbe, was bundesdeutsche politische Gefangene erleben müssen, obwohl es bei Besuchen von Familienangehörigen und Anwälten keine Trennscheibe gab. Statt dessen finden die Besuche im Beisein von BKA-Beamten, einem Dolmetscher sowie einem Schließer statt.
Einige Tage vor dem Beginn des Hungerstreiks wurde die Isohaft überraschenderweise aufgehoben und in einer langen Erklärung des BGHs wurde uns mitgeteilt, daß wir ab sofort an Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen dürften.
Die Logik dahinter ist unserer Meinung nach, daß wir irische politische Gefangene vom gegenwärtigen Knastkampf und Hungerstreik distanziert gehalten werden sollen. Der Zeitpunkt dafür ist so offensichtlich, daß es fast lächerlich ist. Außerdem, da die Briten jetzt offiziell einen Antrag auf unsere Auslieferung gestellt haben, läßt sich die Frage stellen, wer in dieser Sache eigentlich die Fäden in der Hand hält.
Seitdem wird die taz, die über den Hungerstreik berichtet, systematisch zensiert, sobald etwas zum Hungerstreik drin steht. Dies ist ebenfalls eine Maßnahme, uns vom Streik zu isolieren. Offizielle Anfragen meinerseits an den BGH, Informationen zu den politischen Gefangenen zu erhalten, wurden abgelehnt, weil sie nicht zuständig seien, Informationen zum Hungerstreik weiterzugeben, aber sehr wohl zuständig sind, diese Informationen zu unterdrücken.
Ich fordere die bundesdeutschen politischen Parteien auf, zu überlegen, daß Menschen das langsamste Sterben, das es gibt, nicht wegen nichts riskieren; und ich fordere die selben politischen Parteien, die die Macht haben, auf, zu reden und zuzuhören und die Entscheidung zu treffen, daß die Forderungen der Hungerstreikenden doch erfüllt werden. Wenn sie sich dafür nicht engagieren, werden die Folgen drastisch sein, um es milde zu sagen. Und wenn die politischen Parteien weder zuhören noch handeln, hängt es von den Menschen ab, zu handeln und die Politiker dazu zu zwingen, zu diesem Thema Stellung zu beziehen.
Die Zensur der taz betrachte ich im selben Licht, wie wenn Journalisten aus Südafrika oder Beirut rausgeworfen werden, damit keine Informationen rauskommen. Ich habe ein Recht auf unzensierte Zeitungen und fordere die taz auf, sich wegen dieser Sache mit ihren Redaktionsmitgliedern auseinanderzusetzen, da sie Euch Eure Rechte als JornalistInnen wegnehmen.
Gerard Hanratty, Kaisheim
Soweit wir wissen, wird die Berichterstattung zum Hungerstreik in der taz bei allen Gefangenen herauszensiert. d.Red.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen