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Langhans-Interview

■ Betr.: "Es gibt nichts zu tun, packen wir's an!", taz vom 12.4.89

betr.: „Es gibt nichts

zu tun, packen wir's an!“,

taz vom 12.4.89

(...) Daß Ihr nicht radikal sein wollt, damit haben wir (Radikale/SozialistInnen) uns wohl oder übel abgefunden. Aber, daß Ihr tabubrechreizenden Süßen nicht einmal die bürgerlich-demokratische Schamgrenze einer stinknormalen Springergazette zu respektieren gewillt seid, erfordert entschiedenen Widerstand.

Ich weiß, Ihr werdet diese Sätze genüßlich psychologisieren; wahrscheinlich wie es Langhans vormacht für den sich die linken Kritiker (an Hitler) „wie die Kinder benehmen“, (die) „gegen Papi“ sind, „weil er was Schlimmes gemacht hat, anstatt ihn anzunehmen, seine Fehler nicht zu wiederholen, es besser zu machen, über ihn hinauszugehen“. Denjenigen, die mit ähnlich vulgärpsychologischen Gemeinheiten gegen die sich von Eurem Scheißblatt angeschmierten und daher zu Recht „emotionalisierten“ Linken, die sich gegen Euch wehren, ihr Gewissen spülen werden... und uns als Wichte, die einem Vaterkomplex unterliegen, anzupissen, sei schon mal eines gesagt: Über Euch werden wir hinauswachsen. 'Zahltag‘ war ein noch kleines Warnschüßchen aus dem „Spielzeuggewehr“. Die Wochenzeitung 'PoWo‘ wird - auch wenn sie noch nicht vor den gewaltigen „Sachzwängen“ der freien Meinungswirtschaft bestehten sollte - schon ein deutlicheres Signal setzen.

Und noch eines: die linke/sozialistische Kritik der Familie wendet sich gerade gegen die in dieser Institution eingeschweißten Abhängigkeiten, die menschenunwürdig sind. Das Widerliche am „familylife“ ist gerade, daß selbst ein vom fürsorglichen Vater mißhandeltes Kind, das von dem Braven für das heimliche Ausleben seiner nach außen verklemmten „inneren Schweinehyäne“ mißbraucht wird, immer wieder gezwungen ist, durch diesen „stummen Zwang der Verhältnisse“, an dem lieben „Papi“ festzuhalten. Es ist nicht die antifaschistische Linke, sondern Rainer Langhans, der sich „wie ein Kind benimmt“, und die taz strukturiert mit dieser Veröffentlichung mit an dem „stummen Zwang“ der da womöglich am langen Hans rumhänselt. (...)

Ein Westberliner Ökokommunist

Daß eine Faschismustheorie eine Lebensutopie sein soll, ist mir neu. Wenn Spiritualität in der Bundesrepublik gleichgesetzt wird mit Hitler beziehungsweise Faschismus und Langhans zugegebenermaßen sich ausschließlich im spirituellen Bereich aufhält, so muß konsequenterweise sein Denken faschistisch sein. Unglaublich die „Faszination“ Langhans‘ für die ungeheure „Vollständigkeit des faschistischen Staates“, der „erstmals auch den Tod mithineingenommen“ hat in das Lebenskonzept des Nationalsozialismus. (...)

Andreas Treichler, Marburg

Da kommt doch tatsächlich einer nach „Bewegung in spirituellen Bereichen“ auf die Idee, Hitlers „Vision und dann seine ganzen Fehler sehen“ zu wollen, „um dann vielleicht irgendwann darüber hinaus zu kommen, es besser zu machen“. In seinem Unterfangen sieht er keinerlei Gefahren, weil er sich „wesentlich in geistigen Bereichen“, nämlich „weiter oben auf dem Baum“ aufhält. Dort kann er sich an der „ungeheuren Lehre“, die Hitler uns durch „die Einbeziehung des Todes“ hinterlassen hat, ergötzen. Die Neuentstehung faschistischen Gedankengutes im Zeitalter von Nolte, Schönhuber und Lummer war zu erwarten gewesen. Auch, daß die Tendenz zur Verblödung, die von Spiritualismus, Aberglauben, Okkultismus und Astrologie ausgeht, solche Früchte trägt, ist kein Novum.

(...) Das eigentlich Gefährliche an dieser Dummheit ist, daß sie keinen Rechtfertigungszwang produziert. „Hoch auf dem Baum“, die „theoria diffusa“ im Kopf, und frei von jedem Realitätsbezug arbeitet Langhans an der Hoffähigkeit des Nationalsozialismus. In welche „geistigen Bereiche“ der Idiotie muß er bereits vorgedrungen sein, wenn er Hitler positive Visionen abgewinnen will? Es geht nicht darum, die Spiritualität in Hitlers Faschismus zu erkennen, sondern den faschistischen Charakter des Spiritualismus.

(...) Auch wenn Zeiten großer Bedrohung und Hilflosigkeit regelmäßig den Wunsch nach Übersinnlichem hervorrufen, sei nochmals betont, daß dieser Wunsch niemals die Existenz eines überirdischen Wesens oder Gottes bewiesen hat. Im Gegenteil: Er hat stets zur Desorientierung, Resignation und Gleichgültigkeit geführt. (...) Sei es noch so anstrengend und unbequem: Zur bewußten Beseitigung von Herrschaftsverhältnissen, die zur Unterdrückung, Natur- und Selbstzerstörung führen, gibt es keine Alternative.

Kemal Erdem, Berlin 44

(...) So als ob es nicht schon reichlich Varianten des Aussitzens gäbe, predigt der Kulturredakteur den „Eurotaoismus“, heiligt das Abwarten. (...) Ein kurzes Zitat faßt den Inhalt zusammen: „Wenn du weiter oben sitzt, siehst du den größeren Zusammenhang und du siehst: Es ist gut.“ Vielleicht bin ich noch nie so weit hinaufgestiegen wie R.Langhans. Beim Blick auf diese unsere Welt sind mir jedenfalls diese Wörter noch nie in den Sinn gekommen.

Es scheint eine spezifisch deutsche Erbanlage zu sein, daß sich in den deutschen Männern, wenn sie eine „Vision“ haben, irgendetwas immer zu einem Omnipotenzpriester auswächst. Solche „Visionen“ der Todes ( Abtötungs)-Sehnsucht hat Göte schon schöner formuliert “. Und alles Drängen, alles Ringen /Ist ewige Ruh in Gott dem Herrn.“ Mit diesen Sätzen ließ Oswald Spengler 1923 seinen „Untergang des Abendlandes“ schmücken.

Manfred Schmidt, Köln 30

(...) Rainer Langhans scheinen die Kategorien ziemlich durcheinandergeraten zu sein, wenn er fordert: „Wir müssen also sozusagen die besseren Faschisten werden - die man dann als solche nicht mehr bezeichnen kann...“. Die Vision Hitlers war doch zum überwiegenden Teil eine negative Utopie: die Idee der „arischen Weltherrschaft“ konnte sich nur manifestieren unter dem radikalen Feindbild des „Bolschewismus“ und der „jüdischen Weltverschwörung“. Angesichts einer solchen Utopie, die die Integrität des eigenen Volkes auf den Leichen der ideologischen Gegner aufbaut, kann man doch nicht im Ernst noch reden von „besseren Faschisten“ und einer „Weiterentwicklung dessen, was da von Hitler versucht wurde“ (Langhans).

Wir müssen allerdings die besseren Visionäre werden; und wenn uns Hitler etwas lehren kann, dann ist es nicht seine Vision, sondern das Visionäre schlechthin, das er wie kein anderer personifizierte.

In seiner visionären Kraft wird er nur noch übertroffen vom jüdischen Volk, das seine Existenz in fast 2.000 Jahren antisemitischer Propaganda einzig auf Erinnerung und Hoffnung stützt. Diese Hoffnung ist aber eine Hoffnung auf Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung von Mensch und Natur.

Vielleicht liegt in dieser Konkurrenz der Visionen der Schlüssel zum Verständnis des Holocaust.

Friedhelm Wessel, Aachen

Langhans zeigt sich als Gesprächspartner, der die klare Aussage verabscheut und lieber einen diffusen Irrationalismus zur Schau stellt. (...) Langhans ist mit seiner Spiritualität Hitlers dabei, wie Ernst Nolte mit seiner Bürgerkriegsthese, eine neue Variante der Methode des klassischen Winkelzuges zu entwickeln. (...)

Ist es einfacher Blödsinn, gezielte Desinformation, wenn das Zitat „gaskammervoll“ Visionen hervorruft, Hitler als Gottsucher und Heilsbringer interpretiert wird? „Gaskammervoll“ war Realität in KZs, Todeserfahrung von Millionen, Hitler führte Vernichtungskriege, plante die Durchführung eines organisierten Genozids, baute Autobahnen und warf „Menschenmassen“ als „Material“ an die Front. Da bricht der doppelte Boden vor Schwachsinn zusammen, wenn Langhans in Bewunderung Hitlers und des Faschismus, zwar irgendwie „Schöner leben“ den „Ausstieg aus dem Körper“ studieren und die unvollendete Heilssuche Hitlers, nebst der rauschhaften Gottsuche des deutschen Volkes vollenden will.(...)

Die Geschichte des Faschismus, einschließlich eines angeblich linken (?) Antifaschismus sind nicht heil-bar, sondern Geschichte und gesellschaftliche Realität. Allerdings besteht die dringende Notwendigkeit, drängende Probleme zu lösen, was von Baumspitzen und mit Mitteln eines deformierten Denkens und der permanenten Verwechslung von Idee und Realität nicht möglich ist.

Langhans hat vom Faschismus nichts als Projektionen im Kopf, eine Beleidigung der Opfer und Bewunderung faschistischer Ideen werden deutlich. „Der Mensch will Gott sein“ und auf die Baumkrone steigen um zu sehen „Es ist gut“. Ich hoffe, niemand steigt mit hinauf. (...)

Karl Heinz Romey, Bremen

Ich wünsche Rainer Langhans - bei all den guten Ansätzen, die er in dem Interview äußert - und Mathias Bröckers den Walkie-talkie, den sich die Kinder des letzteren so sehr wünschen, damit sie sich von Baumkrone zu Baumkrone oder von Wipfel zu Wurzel weiter ungestört unterhalten können. Aber müssen denn gleich zwei Zeitungsseiten mit „Nullsummenspielen“ vollgedruckt werden, nur weil es ein alter 68er gesagt oder ergeistig hat. Vielleicht können sie sich nach all dem Spielen hier unten mal die Beine vertreten und sinnliche Wirklichkeit schnuppern.

Mathias Rabbe, Köln 30

Ich erwarte von der taz so bald wie möglich eine Klarstellung, daß Positionen, wie sie im Langhans-Interview vertreten wurden, in dieser Zeitung zukünftig kein Forum mehr haben werden. Sicherlich handelt es sich bei den Auslassungen von Langhans um delirierendes Gelalle, nichtsdestoweniger enthalten sie eine „message“, die auf Verharmlosung und Apologie des Faschismus hinausläuft. Sie reihen sich damit ein in die Tendenz vor allem des Kulturteils in Ihrem Blatt, zugunsten eines zum Selbstzweck gewordenen sogenannten „Tabubrechens“ die Prinzipien und Ziele aufzugeben, unter denen Sie einmal angetreten sind und die für mich einst Anlaß waren, die taz zu abonnieren. (...)

Jürgen Simoleit, Hamburg 50

(...) Grobstofflich, wie sich die Nazi-Generation meiner Eltern verstand, redete sie über alles andere - nur nicht über die Suche nach Gott. Aber der Rainer Langhans schaut ja feinststofflich über die Dinge hinweg. Zynischerweise bleibt ja hier wohl noch anzumerken, daß die Essenz an Feinstofflichkeit von den Nazis selbst am besten produziert wurde - via Kamin aus den KZ-Schornsteinen, feinstoffliche Juden sozusagen.

Und was das Erbe unserer Väter betrifft: Ich dachte bisher immer, daß es auch andere gab (Leute aus dem Widerstand zum Beispiel). Ich denke Herr Langhans sollte sich mehr an deren Erbe halten, statt den anderen Papis hinterherzukriechen. Pardon, er betrachtet das ja von oben, von den Bäumen herab. Und da er ja Sinnbilder so sehr liebt, hier mal folgender grobstoffliche Vergleich: der Schritt vom Affen zum denkenden Wesen war genau andersherum - vom Baum auf den Boden. (...)

Manfred, SO 36

(...) Ich kann nicht behaupten, daß mir der Langhans -Striptease den Atem verschlug. Seitdem Gelegenheit war, von Langhans Kenntnis zu nehmen, ordnete ich ihn dem Schrott zu, der auf pseudolinken Müllhalden hingammelt. Gelang mir bei Neuß und/oder Bahro-Produkten bisweilen noch ein abgequältes „Schau! Schau!“, so überkommt mich bei diesem Langhans -Abfallprodukt, das die taz-Redaktion auf zwei kostbaren Seiten abzudrucken sich bemüßigt sieht, ihm wahren Sinne des Wortes Übelkeit.

Wenn Sprache und Sprachinhalte überhaupt noch nachvollziehbare Denkkategorien vermitteln sollen, soweit diese Sprache nicht zum Schwadronieren verhunzt ist, so ist diese Langhans-Suada exemplarisch für ihn, wenn er statuiert: „Spiritualität in Deutschland heißt Hitler.“ Als Jude habe ich keine Veranlassung, von dem hinlänglich genug apostrophierten „Hitler in uns“ zu reden. Im gegebenen Fall genügt die Feststellung, daß er, der Faschismus, nicht minder der mörderische Dreck des Nazismus, der zum Himmel stinkende Zynismus des Post- und Neonazitums, daß dieses ganze braune Sammelsurium sich ein Stelldichein gibt und Urständ in diesem Langhans-Elaborat feiert. (...)

Arie Goral, Hamburg 60

(...) Das physische Universum ist in ständiger Bewegung; das psychische auch. Ansätze wie Sloterdijks oder Langhans‘ stehen als Versuche der Bewegungsverweigerung in der Tradition asketischer Ideale. Sie fußen in eben dem Dualismus, den anzugehen sie vorgeben - ob er sich nun maskiert als Mobilmachungsmanie oder präsentiert als beklagenswerte Vorherrschaft der Beschäftigung mit Grobstofflichem. Das nenne ich Mimesis des „Grundprozesses“. Konsequenterweise nehmen die beliebten Anleihen bei östlicher Philosophie dabei geradezu capraeske Formen an. (Das „Tao der Physik“ kann getrost als Paradigma einer alle Differenzierungen einebnenden und hochgradig beliebigen Auslegung fernöstlicher Philosopheme gelten.)

Nichts gegen fruchtbare Besinnung, aber mir kommt es bei solchen spirituellen Paddeleien immer vor, als wolle man ein Floß vom Fleck bewegen, indem man, darauf sitzend, in der Teetasse rührt. Und als glaube man dabei, von dem Wasserfall schweigen zu dürfen, auf den man sich teetassenautonom zubewegt.

Christoph Pingel, Heidelberg

(...) Die Ökologie redet Quatsch, alle reden alltägliches Geschwätz, nur Rainer Langhans nicht. Er bringt das Kunststück fertig, unermüdlich zu reden, zu schreiben und jetzt auch noch in das Talkshowgeschäft einzusteigen, um seine Sprachlosigkeit zu beweisen.

Nun ist es wahr, daß im Antifaschismus manches im Argen liegt. Die meisten Antifaschisten sind integer bei der Aufarbeitung der Vergangenheit, handeln aber wie alle anderen, wenn es um die Gegenwart und Zukunft geht. Dabei können wir sehen, daß wir unsere Erde schuldhaft verwüsten und unseren Enkeln Schlimmeres hinterlassen, als den Hitlerfaschismus. Und daß heute wieder über 100.000 Menschen qualvoll verhungern, bewegt auch die Antifaschisten nicht dazu, radikal andere Fragen an die Zukunft zu stellen.

Rainer Langhans aber sitzt hoch oben auf dem Baum und übt „Gelassenheit“ gegenüber diesen Dingen aus den „Niederungen“. Wenn man sich seine Weisheiten aus der Vergangenheit ansieht, so ist zu erwarten, daß er alle fünf Jahre einen neuen noch höheren Baum besteigt, und da er noch relativ jung ist, wird er wohl bald im Himmel landen. Und ich habe den Verdacht, daß er sich für auserwählt hält (vielleicht weiß er es nur noch nicht), einmal die Dreieinigkeit „Messias, Gott und Hitler“ zu verkörpern. Dann kann er sich die „Erfahrungsmöglichkeiten“ Hitlers nach dem Tod verschaffen, auch noch in der Ausrottung der „Untermenschen“ „und noch in den fürchterlichsten Verzerrungen das Schöne zu entdecken“. (...)

Ludwig Baumann, Bremen 70

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