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Bremen baut High-Tech für Apartheit

■ Betriebsrat von Krupp-Atlas-Elektronik sieht „Interessenkonflikt“ und sperrt sich nicht gegen die Produktion von Kraftwerks-Simulatoren für den Apartheids-Staat / Bonn prüft Genehmigung

„Die Gewerkschafter interessieren sich für Fragen im Zusammenhang mit Südafrika“, sagt der stellvertretende Betriebsrats-Vorsitzende Günter Nissen von Krupp-Atlas -Elektronik (KAE). Die Aufträge für zwei hochtechnologische Kraftwerkssimulatoren für Südafrika hat sich die Bremer Rüstungs-Firma sichern können, duie Konkurrenz von Siemens etwa wurde ausgestochen. Davon weiß der Betriebsrat, aber da kommen ganz andere Interessen ins Spiel: „Es gibt da Interessenkonflikte.“ Ansonsten gilt für den Betriebsrat: „Ich gebe am Te

lefon kein Interview.“

Im Betrieb haben einzelne sich geweigert sich an dem Millionen-Projekt zu beteiligen. Davon weiß der Betriebsrat nichts, erklärte Nissen gegenüber der taz.

Man respektiere solche Entscheidungen einzelner Mitarbeiter der Firma, versichert der Pressesprecher des Unternehmens. Die Betroffenen hätten keine Sanktionen zu erwarten, sie würden eben in anderen Bereichen eingesetzt. Und die Simulatoren, versucht er die Lieferung zu erklären, sollten der Ausbildung von Arbeitskräften dienen,

die in den simulierten Schalträumen die Bedienung der elektronischen Steuerung eines mit Öl, Kohle oder Gas fossilen Brennstoffen - arbeitenden Kraftwerkes besser lernen können. Auch für Schwarze sei solche Qualifikation wichtig, also sei die Lieferung „im Sinne der dort Tätigen“. Besser ausgebildete Arbeiter könnten durch fehlerfreie Bedienung „Schaden vermeiden“, sagt der Firmensprecher Technik dient einer guten Sache.

Wie die taz erfuhr, ist unter denjenigen, die sich weigerten, ein schwarzer Kollege von KAE.

Grundsätzlich, so kritisiert die Koordinierungsstelle „Stoppt die Rüstungsexporte“, kann bald jedes angeblich zivile Produkt der Spitzentechnologie auch für militärische Zwecke interessant sein und ausgenutzt werden. Und genau dies fällt seit Jahren unter das Uno-Embargo, das auch die Bundesrepublik als verbindlich akzeptiert: Wenn auch nur der kleinste Verdacht eines „dual use“, einer zivilen und gleichzeitig militärischen oder kerntechnischen Nutzung besteht, dann muß das Exportgeschäft mit dem Apartheids -Staat untersagt werden. Zudem ist bislang, weiß die Buko -Initiative, jede illegale Lieferzung von Waffen-Technik unter ziviler Tarnung angemeldet worden... Zuständig für die Produktion der beiden Simulatoren ist ausgerechnet der Firmen-Bereich Wehrtechnik von Krupp-Atlas - traditionell sind die Militärs der Welt die zahlungskräftigsten Abnehmer dieser Spitzen-Technologie.

Mehrfach hat sich die Uno damit befaßt, wie das schon 1977 beschlossene Embargo „wirksamer“ gemacht werden kann. Auf der 2723. Sitzung im November 1986 „bittet“ die Uno per Beschluß und „eindringlich“ alle Staaten, den Südafrika -Export von Artikeln zu verbieten, bei denen „Grund zur Annahme“ besteht, daß sie für die Streitkräfte oder Polizei oder für militärische

Zwecke bestimmt sein könnten, darunter fallen auch elektronische Geräte, Computer, sogar „Fahrzeuge mit Vierradantrieb“.

Der Export von High-tech-Elektronik nach Südafrika werde „normalerweise verboten“, meinte der Sprecher des Außenministeriums in Bonn zur taz. Allerdings ist bisher ein Exportantrag beim Wirtschaftsministerium nicht eingegangen. Der für den Export in westliche Länder - dazu zählt Südafrika - zuständige Referent beim Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn, Noll, meinte, das werde in der Praxis „mehr oder weniger“ strikt so gehandhabt. High-Tech dürfe exportiert werden, wenn gegen das Unternehmen in Südafrika, das die Geräte bekommt, keine Bedenken bestünden. Zudem müsse dieses Unternehmen sich verpflichten, die Anlagen nicht an Militärs oder Polizei zu überlassen.

In jedem Fall müsse ein solcher Export vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegt werden - „Das geht nicht ohne Bonn“, da es letztlich eine „politische Entscheidung“ sei.

Ein Betriebs-Insider im Bremer Krupp-Atlas-Werk meinte auf die Frage, on die Belegschaft zu dieser politischen Entscheidung beitragen könnte: „Die Belegschaft zu moblisieren wird nicht möglich sein.“

K.W.

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