: FDP-Chef Lambsdorff für kleine Gruppen
Hungerstreik: FDP-Chef stimmt Kinkel-Vorschlag zu / Rau erklärt SPD-Vorschlag für „nicht verhandelbar“ / Kritik an Kohl ■ Von Nitschmann und Gast
Düsseldorf/Berlin (taz) - Im Gegensatz zu Kanzler Kohl hat sich gestern der FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff überraschend deutlich für eine Zusammenlegung der RAF-Gefangenen in Kleingruppen ausgesprochen. In einem Gespräch mit Journalisten in Düsseldorf bedauerte Lambsdorff am Montag, daß sich die unionsregierten Länder nicht auf den Vorschlag von Staatssekretärs Kinkel verständigen konnten. Kinkel hatte eine Zusammenlegung in fünf Fünfergruppen angeregt, war mit seinem Vorschlag aber am Veto Baden-Württembergs, Bayerns und Niedersachsens gescheitert. Der FDP-Vorsitzende ließ keinen Zweifel daran, daß er einer bundeseinheitlichen Zusammenlegung der Gefangen in Fünfergruppen uneingeschränkt zustimme. Lambsdorff bestätigte weiter, daß Klaus Kinkel seinen Vorstoß mit ihm abgesprochen hat. Kinkel hatte versichert, er habe für seinen Plan die Rückendeckung von Lambsdorff und Kohl. Bundeskanzler Kohlhatte aber in der vergangenen Woche auf der Bundespressekonferenz sein Wort verpfändet, daß es mit ihm keinerlei Zugeständnisse an die Gefangenen geben werde. Die Stellungnahme Lambsdorffs ist auch deshalb überraschend, weil er damit Aussagen von Bundesbildungsminister Möllemann (FDP) und des Düsseldorfer FDP-Fraktionsvorsitzenden Rhode entgegentrat. Beide hatten zuvor eine Zusammenlegung in Kleingruppen entschieden abgelehnt.
Wie der Kieler Landeschef Engholm (SPD) am Vortag, unterstrich gestern auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Rau, daß der Vorschlag der SPD-regierten Länder auf eine Zusammenlegung in Kleingruppen von vier bis sechs Personen „nicht verhandelbar“ ist. Die Gefangenen müßten zur Kenntnis nehmen, daß es sich hier „nicht um Tarifverhandlungen“ handele. Die Forderung nach einer Zusammenlegung in ein oder zwei Gruppen hat auch der SPD -Vorsitzende Vogel als nicht akzeptabel abgewiesen. In Bonn erklärte er gestern, mit der Übernahme des Kinkel-Vorschlags sei für ihn „die Grenze erreicht“. Dem Kanzler schrieb der Oppostionsführer ins Stammbuch, er verhalte sich fahrlässig und widersprüchlich, wenn er den Verstoß eines Staatssekretärs der eigenen Regierung öffentlich abqualifiziere.
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