: Schikane durch Nichtstun
■ Bremer Behörden verzögern Duldung eines libanesichen Flüchtlings / Rechtsanwalt: „Behörde will aushungern“
Rechtsanwalt Böttcher greift seit über einem Monat bei sämtlichen Behörden nur in Watte. Unterdessen brennt ihm und mehr noch seinen Mandanten die Zeit unter den Nägeln: Mahmoud Hassoun, zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern aus dem Libanon geflohen, sitzt völlig mittel-und hilflos in der Sammelunterkunft in Vegesack. Sozialhilfe wird derzeit nicht bezahlt, weil die Bremer Behörden eine Entscheidung bisher vor sich herschieben.
Nach etlichen unbeantworteten Briefen setzte Harald Böttcher der Bremer Ausländerbehörde jetzt eine Fünf-Tage -Frist: Falls ihm bis heute keine Entscheidung über den seit über einem Monat gestellten Duldungsantrag seiner libanesischen Mandanten vorliegt, wird Böttcher eine Untätigkeitsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht einreichen. Unterdessen war im zuständigen Sozialamt in Vegesack offenbar ein Entscheidungsprozeß im Gange: Während in den letzten Wochen Mahmoud Hassoun mit seiner Familie keinen Pfennig erhielt, weil das Sozialamt nur mit einem Bescheid der Ausländerbehörde in der Hand Sozialhilfe auszahlen könne, lag gestern der Fall Hassoun in der Rücksprachemappe.
Dies ist besonders dringlich, weil Frau Hassoun schwanger ist und dringend ärztliche Hilfe braucht. Ohne Krankenschein weigert sich der Frauenarzt in
zwischen nämlich, seine Patientin weiterzubehandeln. Auch Mahmoud Hassoun muß mit Wasser im Knie in ärztliche Versorgung. Für Dieter Trappmann, den Leiter der Ausländerbehörde, ist die Sachlage jedoch ganz klar: Zuständig für die Hassouns sei nicht seine sondern die Ausländerbehörde in Bad Segeberg, wo die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst einen Asylantrag gestellt hatten. Danach hatten die Libanesen jedoch vergebens versucht, in die Niederlande weiterzureisen und ihren Asylantrag zurückgenommen, haben ihn nach dem gescheiterten Versuch jedoch als Folgeantrag in Bremen gestellt, wo sie mittlerweile gelandet waren. In der zunehmend brenzlig werdenden Situation wandten sich die Asylbewerber an Rechtsanwalt Böttcher, der angesichts der bedrohlichen Lage einen Duldungsantrag für angemessener hielt und seither um dessen Anerkennung kämpft. Daß von den Bremer Behörden dieses Duldungsverfahren verworfen und hartnäckig auf die längst zurückgenommenen Asylanträge verwiesen wird, hält der Anwalt schlichtweg für „Quatsch“ und rechtlich für nicht belear. Tatsache sei, daß in Bremen eine stillschweigende Übereinkunft gelte, Duldungsverfahren nicht mehr zuzulassen und daß nun versucht werde, die Ausländer „auszuhungern“.
ra
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