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NPD-Euroscheck geplatzt

Der Bündnispartner der DVU muss 800.000 DM Wahlkampfgelder zurückzahlen /Unrechtmässig Vorschüße für Europawahl kassiert /Daß die NPD nicht an der Wahl teilnimmt stand lange fest /Bundestagsverwaltung könnte Parteikasse pfänden  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Die DVU soll morgen zur Europawahl zugelassen werden. Kundgebungen in Bonn und Oberhausen am Freitag Nachmittag sollen den möglichen Einzug des rechtsradikalen Bündnisses DVU und NPD ins Europaparlament ebenso propagandistisch vorbereiten, wie eine Großveranstaltung in der Nürnberger Gartenstadt am Abend.

Getrübt werden die rechtsradikalen Feierlichkeiten allerdings durch einen Leistungsbescheid der Bonner Bundestagsverwaltung: Sie klagt bei der NPD die Rückzahlung von über 800.000 Mark unrechtmäßig erhaltener Vorschüsse ein. Und die Nationaldemokraten haben offensichtlich Zahlungsschwierigkeiten.

Bei der letzten Europawahl hat die NPD 1,3 Prozent der Stimmen erhalten. Die „Nationalen“ bedienten sich zweimal. Im Anschluß an die Wahlkampfkosten-Rückerstattung kassierten sie in drei Raten nochmals insgesamt 812.988 Mark - zur Vorfinanzierung der kommenden Europawahl. Nur: Die NPD kandidiert nicht. Der Verzicht auf die Europawahl wurde bereits am 14. Januar 1988 vereinbart. An diesem Tag trafen sich in München, am Sitz des „National-Zeitung„-Verlegers Gerhard Frey, die Vorsitzenden der beiden Rechtsparteien. Schriftlich legten DVU-Chef Frey und der NPD-Vorsitzende Mußgnug fest, daß zur Wahl des Straßburger Parlaments nur die DVU kandidiert. Im Gegenzug soll dann die NPD bei der kommenden Bundestgaswahl alleine antreten. Die Verschränkung des Tandems DVU-NPD wurde mit dem Beschluß besiegelt, daß auf der DVU-Liste die Plätze 3, 6, 9 und 12 mit NPD -Mitgliedern besetzt werden sollten. Zu den Finanzen wurde vereinbart, daß die DVU sechs Monate nach der Bekanntgabe des Straßburger Wahlergebnisses „der NPD eine Million Mark Kostenersatz für deren Wahlkampfhilfe“ erstattet. Über die Vereinbarungen wurde Stillschweigen vereinbart.

Offiziell vollzog die NPD den Wahlverzicht erst am 26. Juni auf einem Parteitag in Feucht (Mittelfranken). Im Juli veröffentlichte die taz diese Absprachen. Als daraufhin die Bundestagsverwaltung als zuständige Behörde in der Stuttgarter Parteizentrale anfragte, behauptete die NPD -Führung, über eine mögliche Teilnahme an der Europawahl sei noch nicht entschieden. Die Frage einer Kandidatur bleibe „der weiteren politischen Entwicklung vorbehalten“, Daß die NPD den Wahlkampf der DVU finanziert, weil diese selber keinen Anspruch eine Vorfinanzierung des Wahlkampfes Fortsetzung auf Seite 2

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hat, wies der NPD-Vorsitzende Mußgnug im Juli noch weit von sich. Die Vereinbarung mit der DVU ziele nur darauf ab, daß die NPD „die Million für Wahlkampfaufwendungen der eigenen Partei“ erstattet bekomme.

Der Bonner Bundestagsverwaltung waren nach eigenen Angaben die Hände gebunden. Die Ausschreibungsfrist zur Europawahl ende erst sechs Wochen vor dem Wahlgang, und vor diesem Stichtag könne eine Rückzahlung der Gelder nicht eingeklagt werden.

Im weiteren Verlauf legten sich die Nationaldemokraten aber wiederholt öffentlich auf eine Nichtteilnahme fest - nach Anfragen teilte die NPD der Bundestagsbehörde dann im Oktober den Beschluß mit.

In der Bonner Bundestagsverwaltung zogen die Mitarbeiter die Konsequenzen. Mitte November erhielt die NPD einen Leistungsbescheid, der die Rückzahlung der geleisteten Pauschalzahlungen - zuzüglich Zinsen - einforderte.

Heute erklärt die NPD, sie habe den überwiegenden Teil der Schulden beglichen. NPD-Sprecher Karl-Heinz Vorsatz: „wir gehen davon aus, daß der Rest bis Ende des Jahres gestundet wird“. Wirklich gezahlt hat die NPD bislang nur 100.000 Mark. Für die Rückzahlung müssen aber jetzt schon die Abschlagszahlungen für die Bundestagswahl Ende nächsten Jahres herhalten. Die NPD ließ die erste Rate von 273.000 Mark gegen ihre Schulden aufrechnen. Ebenso verzichtete sie auf ausstehende Ansprüche aus dem „Chancenausgleich“. Bei aller Aufrechnung muß die NPD aber immer noch über 300.000 Mark zurückzahlen.

Und daß dieser Betrag gestundet wird, wie der NPD-Sprecher erklärt, ist längst nicht sicher. Die Mitarbeiter der Bonner Bundestagsverwaltung hatten sich die Rückzahlungsmodalitäten anders vorgestellt. Es werde alles daran gesetzt, heißt es im Amt, die offenstehenden Gelder „so schnell wie möglich“ einzutreiben. Mit dem Leistungsbescheid könnte theoretisch auch die Parteikasse der NPD gepfändet werden. Die Entscheidung darüber läge an der Bundestagspräsidentin Süssmuth.

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