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Blutiges Zaren-Gold in Bremen

■ Zum Gorbatschow-Besuch kommt „Das Gold aus dem Kreml“ ins Überseemuseum Staatsrat sieht „Oberzentralität Bremens im Kulturbereich“ gestärkt

„Bremen im Blickpunkt der Welt“ - da jauchzt der Staatsrat, wenn er ohne allzu schäbige Übertreibung diese verheißungsvolle Parole verkünden darf. Und wer hätte gedacht, daß ausgerechnet die 1917 revolutionär beseitigten russischen Zaren zum revolutionären Aufstieg Bremens in den „Blickpunkt der Welt“ im Jahre 1989 sorgen würden. Pünktlich zum Besuch des Generalsekretärs der KPdSU, Michail Gorbatschow, im Juni in Bonn wird im Bremer Überseemuseum „Das Gold aus dem Kreml“ erstmals außerhalb Moskaus zu sehen

sein.

Staatsrat Andreas Fuchs hatte sich gestern glücklich zwischen den Direktor des Überseemuseums, Herbert Ganslmayr, und die stellvertretende Direktorin des Kreml-Museums, Nonna Vladimirskaya, vor die Presse gesetzt und verkündete: „Mit dieser Ausstellung, für die der Senat einen Etat von 1,7 Millionen Mark zur Verfügung gestellt hat, wird Bremen seine Oberzentralität im Kulturbereich verstärken.“

Mit der Oberzentralität hielten es auch die russischen Zaren, die jahrhundertelang alles, was selten und teuer ist, in ihrer Machtzentrale, dem Kreml horteten. 80 der in Rußland geschmiedete rein goldene Prunk-Schätze werden in Bremen zu sehen sein - viele zum ersten Mal überhaupt. Nur ihre despotischen Vorbesitzer hatten sie in Zarenhänden gedreht. Blutspuren haben sie dabei nicht hinterlassen, denn Peter der Große, Katharina I. und Iwan der Schreckliche knebelten ihrerzeit das russische Volk nicht eigenhändig.

Als „Inbegriff des russischen Nationalstolzes“ verkauft die Werbeagentur der Ausstellung im Übersee-Museum das Zaren -Gold und meldet: „Die Nachricht, daß 'Das Gold aus dem Kreml‘ im Westen gezeigt werden soll, wird unter der Moskauer Bevölkerung mit Stolz und Staunen aufgenommen. Stolz, weil die Goldschätze als exquisites Zeugnis russischer Kunst gelten. Stauenen, weil die West-Reise der unersetzlichen Stücke als wei

terer Beleg für eine bislang ungewohnte Öffnung der Sowjetunion angesehen wird. Denn das Gold aus der Rüstkammer des Kreml, an dem sich auch das Nationalgefühl des Bürgers festmacht, gilt als Inbegriff des sowjetischen Nationalstolzes.“

Weniger geschichtslos, dafür mit einem Engels-Zitat, begründete Kreml-Museumsdirektorin Vladimirskaya die neue Popularität der Zaren-Schätze: „Im Verhältnis des Menschen zur Geschichte zeigt sich auch sein Verhältnis zum eigenen Verstand.“ Mit den Devisen, die die West-Reise des Goldes einbringt, will das Museum Geräte zur Restauration und Konservierung der alten Schätze anschaffen.

„Unter 500 Millionen Mark“ liegt der Versicherungswert der Bremer Ausstellung, teilte Staatsrat Fuchs mit. Damit die sowjetische Versicherung nicht in Anspruch genommen werden muß, arbeiten Innensenator und Polizei zur Zeit an doppelten Sicherungs

maßnahmen für das Überseemuseum. Gleichzeitig wird zur Minimierung des Senatszuschusses dringend um private Sponsoren geworben.

„Du bist ja so schwer, Du Zarenmütze“, zitierte Nonna Vladimirskaya von Museumsdiretorin zu Museumsdiretor ein altes russisches Sprichwort. Bei Herbert Ganslmayr bedankte sie sich für die Last der Ausstellungsvorbereitungen. „Wir geben Euch unsere Kinder, und wir möchten sie genauso gesund zurückhaben“, hatte die Moskauer Hüterin über das Zaren-Gold ihrem Bremer Kollegen zu verstehen gegeben.

Dirk Asendorpf

Die Ausstellung ist vom 15. Juni bis zum 13. August im Überseemuseum zu sehen. Der Eintrittspreis beträgt 10 Mark, ermäßigt 5 Mark, für Gruppen 7 Mark. In einem Katalog werden alle 80 Exponate in voller Goldfarbe abgebildet und ausführlich von Experten beschrieben. Der Katalog geht heute in Druck und soll 35 Mark kosten.

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