Gift-Kontrolle systematisch

■ Niedersachsens Umweltminister Remmers will 200 Kraftwerke und Chemiefabriken rund um die Uhr und per Standleitung auf Schadstoff-Ausstoß prüfen lassen

Das Land Niedersachsen will bundesweit die Einführung eines schärferen, neuen Kontrollsystems für umweltbelastende Betriebe durchsetzen. Umweltminister Werner Remmers (CDU) kündigte eine Initiative im Bundesrat an, die darauf abzielt, für diese Firmen die Pflicht zum Anschluß an eine automatische Emissionsfernüberwachung (EFÜ) im Bundesimmissionschutzgesetz zu verankern. Das bereits bei Kernkraftwerken in der Bundesrepublik angewandte Kontrollsystem soll nach Darstellung von Remmers zunächst auf Unternehmen ausgeweitet werden, die in bedeutendem Ausmaß staub-und gasförmige Schadstoffe abgeben oder von denen in einem Störfall eine hohe Luftverschmutzung zu erwarten ist. In einem zweiten Schritt sollte die Fernüberwachung auch die Ab

wasserkontrolle erfassen.

Allein auf dem Abluftsektor kämen bundesweit „mehrere tausend“ Firmen für die zusätzliche Kontrolle in Frage, in Niedersachsen seien es 200 Betriebe. Dabei handele es sich in erster Linie um Kraftwerke und Chemiefabriken, aber auch zum Beispiel um Hochtemperatur-Verbrennungsanlagen. Sie müßten verpflichtet werden, Meßeinrichtungen zu installieren, die den Schadstoffausstoß kontinuierlich erfaßten und alle Daten über eine Standleitung an ein staatliches Gewerbeaufsichtsamt übermittelten. Auf diese Weise könnten die Emissionen betreiberunabhängig und rund um die Uhr beobachtet werden.

Remmers: „Wir können als Industriegesellschaft nur dann weiter existieren, wenn wir ein neues Vertrauensverhältnis zwischen der Industrie und der Bevölkerung herstellen. Das ist gerade auch für Neuansiedlungen enorm wichtig.“ Remmers sprach - als langfristigem Ziel - von „gläsernen Schornsteinen und Abwasserrohren“. Zur rechtlichen Absicherung bedürfe es einer entsprechenden Novellierung des Bundessimmissionsschutzgesetzes. Der CDU-Politiker äußerte sich zuversichtlich über die Chancen des jetzt von Niedersachsen gestarteten Vorstoßes im Bundesrat. In Vorgesprächen mit anderen Bundesländern und dem Bundesumweltministerium habe sich gezeigt, daß eine grundsätzliche Bereitschaft für die Emissionsfernüberwachung bestehe. Remmers sagte, er gehe davon aus, daß die geplante Maßnahme schon Anfang 1990 Rechtskraft erlangen werde.

Zu den Kosten des Kontrollsystems bemerkte der Minister, die Investitionen für die Meßeinrichtungen und die Standleitung dürf

ten sich pro Firma zwischen 60. 000 und 100.000 Mark belaufen. Diese Aufwendungen hätten die Unternehmen ebenso zu tragen wie den laufenden Betrieb der Datenübertragung, der jährlich etwa zehn bis 15 Prozent der Investitionskosten ausmache. Der Staat müsse seinerseits die Ausstattung der Gewerbeaufsichtsämter mit der notwendigen Technik - in erster Linie Bildschirmterminals - finanzieren. Remmers unter

strich jedoch in diesem Zusammenhang, daß die Kosten vergleichsweise gering seien in Anbetracht der gewonnenen Vorteile. So gehe mit der automatischen Emissionskontrolle auch eine deutliche Erleichterung für die Gewerbeaufsicht einher, die künftig nicht mehr jeden Betrieb vor Ort zu überprüfen brauche, sondern alle relevanten Daten „frei Haus“ geliefert bekomme. dp