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„Nun geht schön und lernt“

■ Bremer Uni-Förderkreis kämpft schon heute gegen die Revolutionäre von morgen hier bitte das Foto mit den alten, dicken Männern in der Ausstellung

Schulrat, Uni-Rektor und Ex-Senator in Sorge ums akademische Proletariat Foto: Jörg Oberheide Der Bremer Finanzsenator a.D., Rolf Speckmann, hat über die „jungen Menschen“ so seine eigen Ansichten, die ihm Anlaß zur Sorge geben. Die jungen Menschen von heute machen vor allem drei Fehler. Sie studieren erstens überhaupt, statt einen anständigen Lehrberuf zu ergreifen, sie studieren falsch, d.h. vor allem zu lange, und sie studieren das Falsche, z.B. solche brotlosen Künste wie Jura und Erziehungswissenschaften. Rolf Speckmann ist entschieden gegen eine „bedenkliche Überhöhung des Eigenwertes von Bildung“, bei der jeder einfach studiert, wozu er gerade Lust hat - ohne Rücksicht auf Gebote des Arbeitsmarkts und Empfehlungen der Arbeitsämter. Im akademischen Proletariat von morgen vermutet der Bremer Senator von gestern deshalb „gesellschaftspolitisches Dynamit“ und den Anfang einer „neuen, revolutionären Klasse“.

Gegen die drohende Revolution hat Rolf Speckmann, inzwischen Sprecher des Bremer Uni-Förderkreises Bremer und ihre Universität jetzt das Bremer Rathaus in Stellung gebracht: In der unteren Rathaushalle wurde gestern eine Ausstellung unter dem Motto „Studieren in Bremen - Studium und Berufswahl“ eröffnet. Speckmann und (Uni-) Freunde wollen damit der „heutigen Jugend helfen, sich auf neue Entwicklungen im Arbeits- und Berufsleben rechtzeitig einzustellen“, wie der Senator a.D. in seiner Eröffnungrede ausführte. Klartext: Sie wollen klar machen, welche Studiengänge absehbar in Arbeitslosigkeit und welche potentiell in der Karriere enden. Das Arbeitsamt hat dabei ebenso geholfen wie die Universität und die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven, deren „Magnifizenzen“ (so heißen Rektoren in Bremen inzwischen wieder) sich vor Dank denn auch fast überschlagen wollten.

Herausgekommen ist dabei eine berufsorientierende Katastrophe und eine ästhetische Geschmacklosigkeit. Das Rathaus sieht seit gestern aus wie ein im Auftrag eines schwedischen Möbelhauses karikiertes Zwangsarbeiterlager. Stilisierte Wachtürme aus Weichholzbalken, dazwischen Drahtverhaue und Maschengitter-Zäune. Sie bilden die Ausstellungsfläche, auf der es nichts zu sehen, dafür umso mehr zu lesen gibt.

Großformatige Texttafel informiert neben großformatiger Texttafel über sämtliche in Bremen erreichbaren akademischen Weihen und verkünden Weisheiten wie z.B. folgende: „Die Physik bemüht sich, Naturerscheinungen auf zahlenmäßige Beziehungen und mathematische Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen.“ Über das Jura-Studium erfährt der berufswahl-unschlüssige angehende Akademiker: „Im Studiengang Jura werden Juristen ausgebildet.“ Anstoß nahm gestern niemand unter den akademisch gebildeten Eröffnungsgästen an solchen Platitüden.

Für leise murrenden Unmut sorgten lediglich ein paar StudentInnen des Fachbereichs „Sozialwesen“, die die gemessene HonoratiorInnen-Atmosphäre mit unertenem Protest gegen ihren Rausschmiß aus dem GW1-Gebäude der Universität störten. Nachdem die StudentInnen die Festreden gleichwohl um einen eigenen Beitrag ergänzt hatten, entließ der alte Bremer Senator die „revolutionäre Klasse“ von morgen mit dem väterlichen Hinweis: „Das habt ihr prima gemacht, aber nun geht wieder schön nach Hause und lernt was.“

K.S.

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