: Viel Feuer im Bauch
■ Die taz sprach mit Ewie Lewy, Pantomime aus Israel, über seinen Werdegang und über Pantomime: Ein Mann, der alles besser und schneller kann. Am Wochenende gastiert er im Schlachthof
„Was führt Dich zur Bühne“, so liest man in einem Buch über die Geschichte der Pantomime bereits im ersten Satz, sei die häufigst gestellte Frage an einen Mimen. Obwohl Ewie Levy selbst Pantomime ist und der stattliche Stapel Zeitungsartikel, den er überreicht, deutlich macht, daß er diese Frage nicht zum ersten Mal gestellt bekommt, ist er doch bereit, sie abermals zu beantworten. Das ist nett vom ihm. Er habe ganz einfach zum Theater gewollt, obwohl er nicht gewußt habe, was er da eigentlich wollte.
Der 38jährige Israeli begann 1973 im Anschluß an seine Schulausbildung und Militärzeit, eine Tanz- und Theaterausbildung in Israel. Während dieser Zeit entdeckte er seine Begabung für die Pantomime: „Ich habe gemerkt, daß ich alles mit dem Körper schneller und besser konnte“. Die Pantomime hat in Israel lange Tradition, „in Tel Aviv kannst du jeden Abend eine Pantomimevorstellung sehen“.
Etienne Decroux, der Vater der Phantomime und sein Schüler Marcel Marceau, der wohl bekannteste Pantomime, waren Juden. Auf ihren Spuren zog es Levy nach Paris, wo er eine Privatschule für Pantomime besuchte. Levy, der aus dem Iran nach Israel in die Schule kam, ohne ein Wort hebräisch zu sprechen, erlernte in Frankreich die Kunst, eine Sprache zu verstehen, die er nicht sprach. Er las in der Mimik seiner Lehrer. „Ich bin kein Genie, aber ich war der Beste in meiner Klasse, weil ich es mir finanziell nicht leisten konnte, es nicht zu sein.“
Auf die Frage, wie man zum Pantomimen wird, ob er als solcher geboren wurde, oder ob es einfach ein Beruf sei, den man lerne, sagt er: „Alles zusammen, erst muß da mal ein Feuer im Bauch sein, eine Art von Expression, wo man besser und schneller ist als die anderen. (eine Naturbegabung?) ...Ja, irgendwo drin im Bauch, und dann kommt natürlich
das Studium. Ich bin ein Instinkt-Pantomime“, sagt Evie Levy, „nicht intellektuell, sondern praktisch, lebendig. Ich bin nicht Philosoph, ich bin Pantomime.“ Die Frage, wie er selbst seinen Pantomimestil beschreibt, beantwortet er so: „Ich glaube, es gibt bei mir den Einfluß der klassischen und der modernen Pantomime, ich habe beides gelernt. Ich kann nicht sagen, ich bin klassisch, ich bin witzig. Ich mag diese traurigen Sachen nicht, so philosophisch, so intellektuell.
„Wir erzählen Geschichten und zeigen Situationen, abstrakt und nicht abstrakt, modern und klassisch. Das habe er doch gut gesagt, oder?“, sagt Katja Reinike, mit der Levy nämlich in Zukunft das Programm bestreiten wird. Katja ist bei „dem bekanntesten Clown in Europa“ in die Schule gegangen. Dimitri. In seiner Schule lernte sie Schauspiel, Akrobatik, Artistik, Maskenspiel und Maskenbau, also mehr mimisches als pantomimisches Spiel. Und gerade darin liege der Reiz dieser Verbindung. Katja kommt aus Braunschweig und wirkt neben Elie eher zurückhaltend. „Ich zeige Sachen, mit denen sich jeder identifizieren kann, die jeder im Bauch fühlt“, spricht Lewy auch wieder im Singular,“ nach der Vorstellung kommen oft Leute zu mir und sagen: „Ich bin genauso, ich dachte, du spielst mich.“
Über seinen letzten Auftritt in Bremen berichtet er stolz: „Am dritten Tag kamen auch Leute mit Krawatten in den Schlachthof, der Schlachthof ist nicht der richtige Ort für Leute mit Krawatten, nicht? Es ist sehr angenehm für mich, auch diese Leute zu sehen!“ Also, am Wochenende die Krawatten aus der Kiste geholt, wenn es in den Schlachthof zu Levy geht. Wir wollen ihm doch eine Freude machen, oder?
KeDe
Ewie Lewy gastiert vom 27. bis 29.4. im Schlachthof
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