Luxus-Artikel

Liebe tazler, meinen Glückwunsch für die zehn Jahre Pressefrechheit.

Leida kann ick die dufte Zeitung als oller, kleener Rentna nur sporadisch lesen. Meine Frieda hat mir heute wieda von unserer Rente Eenemarkunddreißich spendiert. „Da, koof dir deinen Luxus-Artikel!“, meente sie, und ick wußte wieda jenau, wie immer, wenn ick mir die taz bei unseren Zeitungsfritzen koofe, daß Frieda dabei gleichzeitig an meine Diät jedacht hat. Irjendwo muß se ja an etwas sparen; also, am Essen. „Jut für dein‘ Kreisloof is det“, fügte sie mal hinzu und hauchte mir dabei ins Ohr (ick höre een bisken schwer): „Wenn ick an die Achtzich bin, dann krieje ick det Blüm'sche Trümmafrauenjeld für unsere vier Jören, die ick jroßjezogen habe, aba jetzt, bei meine Zweehundertsechsnddreizich Mark Rente, da is keen taz-Abo für Dich drin, zumal Deine Rente, die 15 Hundertmark, jerade mal für de Miete (üba 700 Piepen) und Licht und Heizkostennachzahlung nebst billiges Essen, für's Dahinvegetieren reichen.“ Ick drücke Frieda den Daumen, det se die Achtzich erreicht und det se nicht untadessen ins Siechenhaus landet. Dann schlucken die Brüda det Trümmafrauenjeld.

Heute könnten wa die paar Groschen Trümmafrauenjeld jebrauchen, aba der olle Blüm in Bonn, die ach so „christlichen“ Herren, haben det schon so einjerichtet, det die, in Sonntagsreden hochjelobten Trümmafrauen, vor der Auszahlung der paar Piepen, vorher abjekratzt sind...

Schade, det nich‘ eener aus meinem Familienclan bei der taz tätig is. Ick hätte denn sagen können: „Junge, bring‘ mir wieda eene taz mit, denn du kriechst die ja umsonst, zumal dein Jehalt dort ooch nur so groß is, wie meine Rente. Ick gloobe nich‘, det du dir een Jahres-Abo für 348 Mark leisten kannst. Du bist jung und ick weeß, wenn man jung is, muß man sich ooch noch Kondome koofen, und die sind ooch nich billich, wa!“

Aba, wie jesagt, ick habe keenen bei der taz und so koof ick mir die „Pressefrechheit“ eben sporadisch weiter. Mutta spart am Essen, mein Kreisloof is dadurch in Ordnung, und wenn ick morjens in den Spiejel kieke, kommt et mir so vor, als wäre ick keene Siebzich, sondern ick bin erst Sechszig... Dafür hat unbewußt die taz jesorcht.

Wenn ick Achtzich bin, melde ick mir wieda!

Eeen Lesa aus dem Märkischen Viertel