: De Bruyn: Lockerung der DDR-Kulturpolitik
Nach Meinung des DDR-Schriftstellers Günter de Bruyn hat sich die Kulturpolitik in der DDR in den letzten Monaten spürbar gelockert. So sei die bislang übliche Praxis abgeschafft worden, daß jedes einzele Manuskript vor der Veröffentlichung dem Kulturministerium vorgelegt werden muß. Jetzt würden die Entscheidungen von den Verlegern selber getroffen, die die geplanten Veröffentlichungen nur noch zu melden hätten. Eine Änderung der „Druckgenehmigungspraxis“ hatte im Dezember vergangenen Jahres der für Literatur zuständige stellvertretende Kulturminister Klaus Höpcke bereits öffentlich angekündigt. De Bruyn hatte auf dem letzten Schriftstellerkongreß der DDR im November 1987 öffentlich die Abschaffung der Zensur gefordert und gesagt: „Eine Gesellschaft, die diese Praxis, die in ihrer Frühzeit einmal sinnvoll gewesen sein mag, nicht zur rechten Zeit abschafft, schädigt ihr Ansehen, nährt den Zweifel an ihrer Reformfähigkeit und beraubt sich der Antriebskraft der Kritik.“ Der Autor verwies nach Angaben der Akademie vom vergangenen Mittwoch darauf, daß sein Buch wie das jüngste Werk von Christoph Hein, „Der Tangospieler“, das auch in der BRD erschienen ist, noch vor einem Jahr sicher nicht in der DDR hätte erscheinen können. Heins Geschichte ist im Jahr 1968 in Leipzig angesiedelt, „während aus dem Radio Nachrichten über ihm fremde, unbegreifliche Ereignisse in Prag dringen“. Im Sommer 1968 fand der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in der Tschechoslowakei statt. Auch die jungen kritischen Schriftsteller, die keine Mitglieder des Schriftstellerverbandes seien, hätten erstmals die Möglichkeit erhalten, in der DDR zu veröffentlichen.
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