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Zum Wegsehen

 ■ S T A N D B I L D

(Live Kunst, So. 23.4., 11 Uhr, ZDF) Als der Moderator Peter Huemer die Stimme erhobt, konnte man schon ahnen, daß die Sendung gelaufen war. Die Sprüche und Plattheiten, die im Laufe der einstündigen Sendung aus dem Martin-Gropius-Bau auf das Publikum im Saale wie draußen im Lande niedergingen, waren geeignet, die Neugierde im Keime zu ersticken. „Bilder sind nicht für den Mund. Sie bestehen aus Pinselstrichen, nicht aus Wörtern, sonst wäre es ein Buch und kein Bild.“ „Sind Sie ein Heimatmaler?“ - „Herr Dornseif sagt erst einmal nichts. Und ich möchte schon gar nichts sagen.“

Das zu Aussagen gedrängte Publikum bot ähnlich Geistvolles. „Ganz doll / enorm lebendig / sie sprechen einen an.“ Bei der hartnäckigen Suche nach Kritik kam sie denn auch: „Also ich habe das 1945 auf dem Schrottplatz gefunden.“

Das wirkliche Gespräch mit den beiden Künstlern Winfried Muthesius und Frank Dornseif sowie die künstlerische Aktion fand vor der Regie des ZDF keine Gnade. Muthesius‘ Konzentration, die Überlegung, das Anmischen der Farben für eine Skizze, die sich in Sekunden auf dem Papier wiederfand, und das anschließende Zurückkehren ins Nachdenkliche waren wenig telegen. Dornseifs Gespräch mit Interessierten wurde vom eifrigen Aufnahmeleiter unterbrochen, um den Künstler zur Arbeit anzutreiben, damit man wenigstens einen kleinen Schritt in der Entwicklung einer Installation bildlich vorweisen konnte.

Herr Vostell, der wie andere Künstler seine vorgesehene Beteiligung an solcher öffentlichen Vorführung absagte, hat recht behalten. Der intime Zeugungsvorgang von Kunst gehört ins Atelier, wenn es sich nicht gerade um Künstler handelt, die gerade auf öffentliches Arbeiten setzen wie beispielsweise Frau Hamann, die in Berlin Plakatwände übermalt hat, oder auch Gruppen von Künstlern, die ihre Produktivität gerade in der Beteiligung eines Publikums suchen wie diverse Actionmaler um die „Notorischen Reflexe“.

Die Art und Weise, wie das ZDF seine Live Kunst zelebrierte, war eher dazu angetan, die Leute von der Beschäftigung mit Künstlern abzuhalten. Sie benutzten sowohl diese wie auch die 250-300 Zuschauer als Staffage für die Sonntagsvormittagsberieselung, die ernsthaft kaum jemanden vor den Bildschirm locken wird.

Will man wirklich das ohnehin bestehende Interesse an der Kunstproduktion fördern, wäre es sicher sinnvoller, einen einzigen Künstler oder eine Künstlerin demonstrieren zu lassen, wie sein/ihr Arbeitsprozeß funktioniert. Nur bedarf es dazu einer viel intensiveren Auseinandersetzung mit Kunst als diese über die Oberfläche schwenkenden Kameras und das Geplapper eines Moderators, der wohl besser bei seinen seichten Talk-shows geblieben wäre.

Qpferdach

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