: Mit Verdi zur Meisterschaft
■ Rollstuhl-Basketball: Mit dem USC München gewinnt der professionellste Verein
München (taz) - Manchmal brauchen Sportler einen Wecker, um zu ihrer Leistung zu finden. So auch die Rollstuhl -Basketballer vom USC MÜnchen, die am Samstag im zweiten Finalsspiel um die bundesdeutsche Meisterschaft gegen die BSG Duisburg anzutreten hatten. (Das Hinspiel ging an die Münchner mit zehn Punkten Vorsprung.) „Die haben am Anfang gespielt, als ob jeder 'ne Zehnerpackung Valium gegessen hätte“, schimpfte Herbert Wollny, Vorsitzender der Abteilung Rollstuhlsport im USC, in der Halbzeitpause.
Aufgewacht waren seine Spieler erst, als ihnen ein Fan mit seiner Posaune den Marsch blies: den des Triumphes von Verdi, unüberhörbar. Das mußte die USCler wieder an ihre Favoritenrolle erinnert haben. Bis dahin konnten die Duisburger die Begegnung nicht nur ausgeglichen halten; streckenweise gingen sie mit bis zu acht Punkten in Führung. Dann kam Verdi und ein Münchner Sturmlauf bis zur Schlußsirene, allein Flügelmann Adi Wiesnet punktete 37mal beim 69:37-Erfolg.
Keiner der über 150 Zuschauer zweifelte vor Spielbeginn daran, daß sich die Münchner nach dem Pokal vor sechs Wochen nun auch das „Double“ holen würden. Selbst Duisburgs Trainer Theo Marx ordnete des Gegners Spielstärke unter „als wäre er von einem anderen Stern“ ein. Die dritte Meisterschaft sowie der vierte Pokalgewinn des USC München in Folge haben allerdings rein irdische Ursachen. „Sie sind in der Liga der zur Zeit professionellste Verein“, weiß Bundestrainer Ulf Mehrens. Mit einer konsequenten Nachwuchsarbeit, klarer Aufgabenverteilung im Vorstand sowie der Unterstützung von drei Hauptsponsoren hat für ihn der USC München „Vorbildfunktion“ im bundesdeutschen Rollstuhl-Basketball. Ohne überheblich zu wirken kann Wollny denn auch sagen: „Wir genießen Popularität.“
Das sieht auch Manfred Linsenmann so, der Marketingdirektor der Münchner Stadtsparkasse: „Unsere Unterstützung an den USC ist keine Spende aus Mitleid, sondern bewußtes Sponsoring.“ Mit einem Zuschuß von 15.000 Mark sowie Sachspenden von weiteren 3.000 Mark sind die Banker auch Anfang Mai dabei, wenn an der Isar das Finale imEuropa-Cup ausgetragen wird.
„Für uns ist das eine echte Standortüberprüfung“, sagt Bertl Schauberger, der Spielertrainer des USC München. Gegen die Konkurrenz aus Schweden, Belgien, England sowie den Niederlanden und Frankreich (letztgenannte Länder gehören zu den Hochburgen im europäischen Rollstuhl-Basketball) will sein Team endlich ins Finale kommen. In den letzten Jahren hatte es zweimal zu Platz drei gelangt.
Für Herbert Wollny ist der Europa-Cup zudem eine willkommene Möglichkeit, noch mehr Zuschauer von der Attraktivität des Rollstuhl-Basketballs zu überzeugen. An diese Sportart hatte immerhin IOC-Präsident Samaranch gedacht, als er bei den Paralympics in Seoul den Vorschlag erwog, einige Disziplinen aus dem Behindertensport in das olympische Programm aufzunehmen.
Das Selbstbewußtein der Basketballer jedenfalls ist gewachsen: „Bei unseren wichtigen Spielen haben wir mitunter mehr Zuschauer als eine Mannschaft der Fußball-Bayernliga“ (Wollny). Bei dem sportlichen Angebot in München will das schon einiges heißen.
Ralf Köpke
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