: Quellensteuer vor der Kippe
■ Frühjahrsgutachten: 3 Prozent Wachstum, 3 Prozent Inflation, 2,075 Millionen Arbeitslose
Berlin (taz/dpa/ap) - Vor allem die Banken und Versicherungen wittern wieder Morgenluft, nachdem Bundesfinanzminister Waigel die Rücknahme der Quellensteuer in Aussicht gestellt und dafür auch die Unterstützung der FDP bekommen hat. Bis zum Wochenende hatte FDP-Chef Graf Lambsdorff zu den Gegnern der Quellensteuer-Rücknahme gezählt, mit der die Einkünfte aus Zinsen anderen Einkommensformen gleichgestellt werden.
Der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Poß, forderte einen vollständigen Verzicht auf die Quellensteuer. Eine Aussetzung „soll nur der Wählertäuschung dienen, da die Union selbst davon ausgeht, daß sie die Quellensteuer nach der Bundestagswahl unter Hinweis auf angebliche EG-Zwänge wieder einführen wird.“ Die EG will bis Mitte 1990 eine einheitliche Quellensteuer einführen.
In ihrem Frühjahrsgutachten haben hingegen die fünf führenden Konjunktur-Forschungsinstitute davor gewarnt, die Steuer auszusetzen oder rückgängig zu machen - aus steuersystematischen Gründen gebe es dafür keinen Anlaß. Zwar habe die Quellensteuer indirekt zu den Preissteigerungen beigetragen, doch ob sich dieser Effekt rückgängig machen ließe, sei zu bezweifeln.
Weniger desolat als der Zustand der Wirtschaftspolitik ist für die „fünf Weisen“ der Zustand der Wirtschaft selbst: Nach 3,4 Prozent Wirtschaftswachstum im letzten Jahr rechnen sie für 1989 mit drei und im kommenden Jahr mit 2,5 Prozent. Die Inflationsrate soll in diesem Jahr ebenfalls drei Prozent betragen. Die Arbeitslosigkeit soll leicht auf 2,075 Millionen zurückgehen, 1990 aber wieder steigen.
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