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Der Tschernobyl-Effekt im Sultanat

■ Deutsche Botschaften berichten ans Auswärtige Amt über den Umgang mit verseuchten Nahrungsmitteln

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bandar Seri Begawan (Brunai) an das Auswärtige Amt (AA), 31.12. 1986:

„Der Tschernobyl-Effekt hat nun auch das Sultanat Brunei erreicht. Seit Dezember 1986 ist die Einfuhr von Milchprodukten nur nach Ausstellung eines Unbedenklichkeits -Zertifikats möglich (nachdem kontaminiertes holländisches Milchpulver gefunden wurde). Betroffen sind holländische Milchpulver, deutsche und dänische werden nach wie vor verkauft. Die Botschaft wäre gegebenenfalls dankbar für eine Weisung, ob sie wegen der o.a. Maßnahmen bei der bruneiischen Regierung vorstellig werden soll.“

Deutsche Botschaft Dhaka (Bangladesh), verschlüsseltes Fernschreiben an das AA vom 23.6. 1987:

„Die Einfuhr von Milchpulver in Säcken wurde völlig verboten. Bisher galt ein inoffizieller Grenzwert von 300 Bq/kg. Die Festsetzungen der neuen Höchstwerte, 95 Bq/kg für Milchpulver und 50 Bq/kg für alle anderen Lebensmittel, im Vergleich zur EG sehr niedrig, geschah zur Beruhigung der hiesigen Bevölkerung, nachdem die Beschlagnahme einer Schiffsladung hochgradig verstrahlten Milchpulvers polnischer Herkunft im April zu weitverbreiteter Angst vor radioaktiv verseuchten Lebensmitteln geführt hatte. Insbesondere war wiederholt der Verdacht geäußert worden, europäische Lieferanten könnten versuchen, anderswo unverkäufliche verstrahlte Lebensmittel auf Dritte-Welt -Märkten abzusetzen. Importbeschränkungen betreffen in erster Linie unsere Nahrungsmittelhilfe. Ob für vorher verschiffte Lieferungen die alten Werte gelten, ist noch unklar. Botschaft wird gegebenenfalls berichten.“

Deutsche Botschaft in Bangkok, Schreiben vom 21.2. 1987 an das AA:

„Bei Milchpulver hat sich die gefühlsgeladene Diskussion gelegt, nachdem die Importeure europäischer Marken ihre Waren aus dem Markt genommen hatten. Entgegen früheren Presseberichten sind diese weder beschlagnahmt noch zurückverschifft worden, sondern werden derzeit noch von den Firmen selbst überprüft. Die Schweizer Firma Diethelm, mit ca. 6.000 Tonnen jährlich weitaus größter Importeur europäischen Milchpulvers, hat insgesamt ca. 1.000 Tonnen zurückgenommen und bisher 66 Tonnen identifiziert, bei denen die Grenzwerte überschritten sind. Diese Mengen werden reexportiert. Der Botschaft ist es bisher gelungen, die Einfuhr ohne förmliche Bestätigung (Laboranalysen) zu ermöglichen. Dies ist künftig nicht mehr sichergestellt.“

Deutsche Botschaft in Daha (Katar), Fernschreiben vom 10.6. 1986 an das AA:

„Die Behörden untersagten den Import von 80 Tonnen deutscher Kondensmilch und 16 Tonnen Milchprodukte wegen Radioaktivität. Amerikanische Prüfgeräte des neuesten Standes stehen demnächst zur Verfügung. Katar legt zunehmend Wert auf verstärkte Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit: Presseberichte über die Vernichtung verdorbener Lebensmittel, über AIDS und bedenkenlosen Medikamentenmißbrauch. Wiederholt erschienen auch Meldungen, daß die Einfuhr von Lebensmitteln aus Osteuropa und der Türkei bis Dezember 1986 komplett untersagt wurden.“

Deutsche Botschaft in Kairo (Ägypten), verschlüsseltes Fernschreiben vom 14.4. 1987 an das AA:

„Das neue Dekret soll die Eingangskontrollen auf ein für die ägyptischen Behörden handhabbares Maß zurücknehmen. Es ist nicht damit zu rechnen, daß die Schwierigkeiten bei der Einfuhr damit beseitigt sind. Vielmehr dürften die Änderungen zu weiteren Verwirrungen der Zollbehörden führen. Mit Verzögerungen ist weiterhin zu rechnen.“

Deutsche Botschaft in Tokio (Japan), verschlüsseltes Fernschreiben vom 5.12. 1986:

„Die Maßnahme stützt sich auf einen Artikel in 'Newsweek‘, „The Chernobyl Syndrom“. Konzentrische Ausbreitung der radioaktiven Niederschläge wird den behördlichen Anweisungen der Lebensmittel-Untersuchungsämter als Anlage beigefügt. Der Einwand, daß Japan diese generelle Maßnahmen unabhängig von der Art des Produkts und der Intensität der radioaktiven Niederschläge - sehr spät getroffen habe und relativ weit in die Zukunft erstreckte und daß diese zu Handelsbehinderungen bei der Einfuhr von Lebensmitteln aus Europa führen müssen, wurde von der japanischen Seite als unerheblich zurückgewiesen.“

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