: THTR: Erst anschalten, dann abreißen
Der zur Stillegung freigegebene THTR in Hamm-Uentrop soll zunächst wieder in Betrieb genommen werden ■ Aus Düsseldorf J. Nitschmann
Der von seinen Betreibern inzwischen zur Stillegung freigegebene und derzeit wegen Sicherheitsmängeln abgeschaltete Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) 300 in Hamm-Uentrop wird vermutlich innerhalb der nächsten zwei Wochen wieder in Betrieb genommen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im nordrhein-westfälischen Landtag, Friedhelm Farthmann, erklärte gestern gegenüber der taz in Düsseldorf, die wegen der abgerissenen Bolzen in den Heißgaskanälen laut gewordenen Sicherheitsbedenken hätten sich als „nicht so gravierend erwiesen“, um die von der Genehmigungsbehörde verfügte Stillegung des Reaktors weiterhin aufrechterhalten zu können. Er gehe nach Gesprächen mit dem zuständigen Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen davon aus, daß der THTR in den kommenden Wochen wieder angefahren werde.
Jochimsen-Sprecher Uli Brüne erklärte am Dienstag auf Anfrage, die zuständige Fachabteilung im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium überprüfe gegenwärtig noch, ob der Reaktor in Hamm „ohne nennenswerte Reparaturen“ ans Netz gehen könne. Ein von Jochimsen in Auftrag gegebenes Gutachten des TÜV Essen war bereits zu diesem Ergebnis gekommen. Gegenüber führenden SPD-Politikern in Düsseldorf soll Jochimsen allerdings bereits in den letzten Tagen signalisiert haben, daß er die Stillegungsverfügung für den THTR in den nächsten 14 Tagen werde aufheben müssen: „Ich habe den K.o.-Punkt nicht gefunden“, soll der Wirtschaftsminister erklärt haben.
Innerhalb der Düsseldorfer SPD-Landesregierung besteht offenbar die Befürchtung, daß letztlich das Land für die Einmottung und den Abriß des sogenannten „Pannenreaktors“ in Haftung genommen werden könnte, wenn die THTR-Betreiber zahlungsunfähig würden. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums fährt der abgeschaltete Hochtemperaturreaktor derzeit täglich Verluste in Höhe von rund 500.000 Mark ein. In der Vergangenheit sollen die THTR -Betreiber gegenüber dem Düsseldorfer Wirtschaftsministerium mit dem Konkurs und der Liquidation der Hochtemperatur -Reaktor KG gedroht haben, um so eine erneute Inbetriebnahme des THTR 300 durchzusetzen.
Zwischen der NRW-Landesregierung und dem Bundesforschungsministerium gibt es derzeit offenbar Bemühungen, im weiteren Umgang mit dem THTR zu einer einvernehmlichen Verfahrensweise zu kommen. Beide Seiten sollen Einigkeit darüber erzielt haben, daß der THTR nach einer zeitlich bislang noch nicht definierten „Abklingphase“ der radioaktiven Strahlung in vollem Umfang abgerissen werden soll.
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