Was will Herr Pätzold auf dem Lauseplatz?

■ Fürs traditionelle 1.-Mai-Fest in Kreuzberg hat sich hoher Besuch angesagt / Polizei und Veranstalter wollen, daß alles friedlich bleibt AL traf keine Absprachen mit der SPD über die erwarteten Hausbesetzungen / Innenverwaltung will „Berliner Linie“ - also räumen

Ins Herz der Bestie will sich Innensenator Pätzold (SPD) am 1.Mai wagen. Beim Kiezbündnis für das traditionelle 1.-Mai -Fest auf dem Lausitzer Platz fragte er in einem Brief vom 7.April vorsichtig nach, ob er vielleicht „selbst einmal vorbeischauen könne“. Und das, obwohl ihm die Veranstalter klipp und klar gesagt hatten, wes Geistes Kind das Fest ist

-nämlich kein „rot-grünes“. „Wir legen keinen großen Wert auf den Besuch von Herrn Pätzold“, sagte gestern Werner Hirschmüller, einer der Organisatoren. Aber selbstverständlich könne jeder kommen. Ausstellen aber darf nicht jeder. Den „Sozialdemokraten in der Polizei“ wurde das Begehren nach einem Stand verweigert. Grund: Das Fest sei ein Fest von unten und nicht der Selbstdarstellung von Parteien gewidmet.

Inzwischen sind die Vorbereitungen auf allen Seiten nahezu abgeschlossen. An die 100 Gruppen werden vertreten sein. Das Thema des Festes: „Gegen Faschismus, Rassismus und Frauenfeindlichkeit“. Wie 1988 erwartet man auch die TeilnehmerInnen der Demo „Heraus zum revolutionären Mai“, die um 13 Uhr am Oranienplatz startet und durch Kreuzberg und Neukölln ziehen wird. Gerüstet ist auch die Polizei. Alles wolle man tun, sagte gestern Landespolizeidirektor Kittlaus, „damit der 1.Mai in Kreuzberg ganz friedlich über die Bühne geht“. Man habe mit den Fest- und Demo -Veranstaltern „gute“ Absprachen getroffen. Demnach soll es eine „sichtbare Polizeipräsenz“ im weiten Umfeld des Festes nicht geben. Die Skalitzer Straße wird für Verkehr gesperrt. Sollten Polizeieinsätze nötig sein, werde dies in enger Kooperation mit den Veranstaltern stattfinden, so Kittlaus. Man habe ein System verabredet, nach dem nicht gleich mit einer Bereitschaft vorgefahren werden soll. In jedem Falle sollen „Mißverständnisse“ wie 1988, als Beamte wegen eines vermeintlichen Kellerbrandes auf den Platz kamen, vermieden werden.

Auch bei der Demonstration wolle man „wie im letzten Jahr“ verfahren. 1988 hatte die Polizei unter anderem Palästinensertücher nicht als „Vermummung“ gewertet und auch „Haßkappen“, solange nicht eine Gruppe betroffen war, geduldet. „Straftäter“ wurden nicht aus der Demo heraus festgenommen, sondern per Video dokumentiert und im Anschluß aufgespürt. Die Beamten der EbLT, die das Fest 1988 brutal beendeten, sind inzwischen, so die bisherigen Angaben von Innenverwaltung und Polizei, in ihre Einsatzbereitschaften zurückgekehrt. Einzelne von ihnen werden also sicherlich auch am 1.Mai zur Verfügung stehen.

Ein Thema ist tabu: Zu den erwarteten Hausbesetzungen will keiner so recht Stellung beziehen. Die AL hat es in den letzten Wochen verschlafen, mit der SPD und dem Innensenator zu neuen Regelungen zu kommen. Zwar hat die Partei intern ein Papier verabschiedet, in dem Besetzungen von Spekulationsobjekten als zwar „nicht legal aber legitim“ bezeichnet werden, doch die Senatslinie ist unverändert. „Wir haben das Papier Herrn Pätzold geschickt“, sagte gestern AL-Vorstandsmitglied Herold Wolf. Doch bei der Innenverwaltung zeigte man sich davon ungerührt: „Wir werden die Berliner Linie beibehalten“, meinte der Sprecher der Innenverwaltung Thronicker. Das heißt für die Polizei, sie muß räumen. Leicht vorstellbar, was das für den friedlichen 1.Mai bedeutet.

bf