: Abendländische Gemengelage
■ Die englische Folkband „Blowzabella“ auf Tour im Bremischen
Fragt man Paul James, Multiinstrumentalist der englischen Folkband „Blowzabella“, was das eigentlich sei, diese ungewöhnliche Musik, die sie da machen, so bekommt man in der Regel eine eher unverbindliche Antwort. Ungern nur lasse er sich da auf einen Begriff festlegen, die Bezeichnung „europäische Musik“ passe wohl noch am besten. Tatsächlich schöpfen Blowzabella einen Großteil ihres Repertoires aus musikalischen Quellen außerhalb ihres Heimatlandes - durchaus ungewöhnlich für eine angelsächsische Band, denn ausländische Musik ist auf der Insel nicht sonderlich gefragt.
Erstaunlich deshalb, daß Blowzabella schon seit Jahren zu den populärsten Tanzbands Englands gehört, bekannt vor allem durch die „Ceilidhs“, beliebte Veranstaltungen mit Volkstanz -und musik. Sie gehören zu denen, die erkannt haben, daß in einer Zeit, wo alles gespielt ist, sich die raren, überraschenden Momente in der populären Musik nur durch ungehörte Mischungen von Stilelementen ergeben können - und durch das Schaffen eines neuen Sounds.
Stilistisch fegen „Blowzabella“ über die europäischen Tanzdielen zwischen Balkan und der Iberischen Halbinsel, daß es einem beim bloßen Zuhören schwindlig wird. Bulgarischer Tanz paart sich da mit achttaktigem Walzer und französischem Bourree, klassische Zitate und biedere schottische Weisen werden mit Jazz und Swing aufgemischt, orientalische Phrasierungen heben ehrwürdige Jigs aus den Angeln - man traut seinen Ohren nicht, zumindest bisweilen nicht.
Ein exotisch anmutendes Instrumentarium ist hauptverantwortlich für die Momente der akkustischen Verwirrtheit, in die Blowzabella die unvorbereiteten Hörer zu stürzen pflegt. Drehleier, Dudelsack, Violine und Saxophon formen einen aufregenden Sound; fremdartig, geographisch nicht zuzuordnen, löst er die aufgegriffenen Volksweisen aus ihrem ursprünglichen Kontext und mischt sie zu einer abendländischen Gemengelage, die zu beschreiben Paul James ein besseres Wort nicht mehr zu suchen braucht.
Moderater werden die Töne bei den mehr bodenständigen Songs angelsächsicher Couleur - Muße für das Besinnen auf Traditionen greift Raum.
Eine gesunde Mischung zwischen Experiment und Tradition bietet das aktuelle Album „A richer dust“, wer die exotische Seite pur möchte, dem sei das schon etwas ältere Werk „Wall of Sounds“ empfohlen - und natürlich die beiden bevorstehenden Konzerte von Blowzabella: Morgen abend in den Weserterrassen, am 1. Mai im DGB-Zelt auf dem Domshof, so gegen 13.30 Uhr.
Rainer Köster
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