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Kreisky: Arbeitslosigkeit halbieren

■ Bericht für EG / Ziel: Vier Prozent Wachstum über Technologie-Investitionen, Umwelt und Dienstleistungen

Brüssel (afp) - Ein radikales Programm für den Abbau der hohen Arbeitslosigkeit in Europa hat die von dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky geführte Experten-Gruppe gefordert, die in zweijähriger Arbeit mögliche Ansätze zur Arbeitsplatzbeschaffung ausgearbeitet hat. Kernaussage eines Berichts, der am Mittwoch dem Präsident der EG-Kommission Jacques Delors überreicht wurde, ist, daß es durchaus in Bereich des Möglichen liegt, die Zahl der 20 Millionen Arbeitslosen in Europa bis zur Mitte der 90er Jahre zu halbieren. Die europäischen Regierungen sind aufgerufen, ihre Wirtschaftspolitiken besser zu koordinieren, um mittelfristig ein „qualitatives“ Wachstum von bis zu vier Prozent aufrechtzuerhalten. Bei Verwirklichung seines Sechs-Punkte-Plans durch Politik und Industrie könnte die Arbeitslosenrate in Westeuropa um ein Prozent jährlich gesenkt und bis zum Jahr 1995 auf den Stand von 1979 zurückgeführt werden.

Der Bericht der Kreisky-Kommission empfiehlt Investitionen im privaten und öffentlichen Sektor in den folgenden Bereichen:

-Ausbau der Infrastruktur in der Telekommunikation, Verkehrsverbindungen und der Stadterneuerung;

-Verdoppelung des Anteils von Umweltschutzaufwendungen im Brutto-Inlandsprodukt, sowie Forschung und Entwicklung im Umweltbereich;

-in neue Technologien ebenso wie in Kultur- und Bildungsprogramme;

-Förderung des sich schnell entwickelnden Dienstleistungssektors; außerdem sollten die Chancen im Ausbau des Ost-West-Handels und den Beziehungen zu Entwicklungsländern genutzt werden. Der Bericht legt Wert auf die Feststellung, daß Wachstum, wenn es qualitativ betrieben wird, nicht im Widerspruch zu Umweltschutz steht.

Der britische Verleger Robert Maxwell, der die englische Ausgabe des Berichts veröffentlichte, sagte auf der Pressekonferenz, die EG-Kommission wäre ein „Nichts“, wenn sie sich nicht um das Problem der Arbeitslosigkeit in Europa kümmere. Er habe jedoch den Eindruck gewonnen, daß Delors sich dem Thema wirklich annehmen wolle.

Die Kreisky-Kommission wurde nach einem Treffen des Europäischen Gewerkschaftsbundes 1985 ins Leben gerufen. Ihr gehören 80 international renommierte Persönlichkeiten, darunter Harvard-Professor John Kenneth Galbraith, Kurt Biedenkopf, Michel Rocard, Raymond Barre sowie zahlreiche Vertreter aus Gewerkschaften, Industrie, der OECD und der UNO-Arbeitsorganisation ILO an.

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