: Den Späth zum Mai-Bock gemacht
■ Von denen die eingeladen wurden, Haake-Beck zu saufen und sich selbst zu feiern
„Na, auf der Suche nach Gemeinheiten.“ Der Kollege, der eher aussieht wie das Maskottchen des NDR, denn wie ein Buten &Binnen--Nachrichtenmann, hat anscheinend eine völlig falsche Vorstellung vom taz-Klatsch-Kolumnisten. Nein, was gäbe es da Gemeines aufzuschreiben, wenn sich 1.442 freundliche, weltoffene Menschen aus Bremen und der weiten Welt zum gemeinsamen Mai-Bock-Besäufnis auf Kosten der Brauerei Beck in einem großen Festzelt treffen.
Diese Brauerei ist eine Brauerei ist eine Institution. Will ein Bremer beispielweise in San Franzisco erklären, aus welch bedeutender Stadt er kommt, braucht er nur „Becks“ zu sagen, um ein hochachtungsvolles Kopfnicken zu ernten. Und wenn so eine Institution lädt, dann reicht das den Geladenen allemal zur Ehre. Egal ob Herr des Glaubens (Domprediger Abramczik), Herr des Geldes (Sparkassen-Chef Rebers), Herr der Meinung (Weser-Kurier Chef Ordemann) Herr des Balles (Willi Lemke), alle, alle kommen sie, wenn der Mai-Bock ruft. Daß auch der Bremer Senat zwei trinkfest-erfahrene Senatoren abstellt, den der Wirtschaft, weil der so etwas gerne macht, den der Justiz, weil der sich sowas nicht entgehen läßt, versteht sich von selbst.
Wenn soviele bedeutende Menschen beieinander sitzen, ist es natürlich unverzichtbar, daß ein noch Bedeutenderer kommt, um ihnen zu sagen, wie nett und bedeutend sie sind. Und wer wäre dafür in diesem Jahr geeigneter als die letzte CDU -Hoffnung im Wartestand, der Mann aus Stuttgart, der so nett plaudern kann, daß in alle schon deshalb für allemal erträglicher halten, als den großen Schwafler aus Oggersheim.
Vor dem pfiffigen Schwaben muß die bedeutende Versammlung allerdings erstmal einen kleinen Schwafler ertragen. Becks -Chef Josef Hattig mag es sich partout nicht nehmen lassen, alljährlich eine kleine Büttenrede auf die Bremer Politik zu halten. Was also beschäftigt einen Bremer Unternehmer? Kippenberg, und Kippenberg, und Kippenberg. Und die Pressefreiheit. Die Zeiten, da der Senatspressesprecher für ein Redaktionsmitglied des Weser-Kurier gehalten wurde, sind vorbei, weiß er: „Die kritische Berichterstattung nimmt zu. Schuller sei Dank.“ Nur der spärliche Beifall der Anwesenden mag den in die Nähe des Herrgotts gerühmten Lokalredakteur des Weser-Kurier (selbstverständlich auch geladen) davor zurückgehalten haben, vor Scham unter den Holzdielen zu verschwinden.
Ach ja. Und dann hat der Späth noch den Bock ausm Faß ge und der taz-Kolumnist das Zelt verlassen, um 100 Meter weiter beim Südafrika-Solidaritätskonzert erstmal ein gutes Becks-Bier zu trinken.
Rosi Roland
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