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„Mein Geld soll nicht mit Waffen schieben“

■ Die Alternative Bank Schweiz will im nächsten Jahr ihre Schalter öffnen / Über eine Öko-Börse wird schon nachgedacht

Basel (taz) - „Geld stinkt doch!“ Diese landesuntypische Erkenntnis, geweckt durch die stinkenden Qualmschwaden während der Sandoz-Brandkatastrophe im November 1986 und hingesprüht auf eine Basler Hauswand, findet auch in der Schweiz zunehmend AnhängerInnen. Schweizerische Banken als Waschsalons für Drogen-Dollars, die berüchtigten Nummernkonten für Waffenschieber und Diktatoren - die landläufigen Klischees sind alpenharte Realität. Man kann in der Schweiz nicht mal einen Rappen zur Bank bringen, ohne ungewollt das Rassistenregime am Kap zu sponsorn, zu dessen wichtigsten Stützen das Bankenwesen der Alpenrepublik gehört.

„Mein Geld soll nicht mit Waffen schieben“ - solche Losungen finden Zuspruch. „Die Zeit ist reif für unsere Bank. Die beste Propaganda für uns machen die Geldwaschsalons der Großbanken.“ Zuversicht bekundet die Alternative Bank Schweiz (ABS), das eidgenössische Pendant zur Frankfurter Ökobank. Der ABS-Trägerschaftsverein mit knapp 2.000 Mitgliedern stützt sich auf das grün-alternative Spektrum, wird getragen von rund 100 Umwelt-, Friedens-, Dritte-Welt-Gruppen und selbstverwalteten Betrieben, darunter auch „Firmen“ wie Greenpeace, der WWF Schweiz, die Grüne Partei, der Christliche Friedensdienst oder der Studentenreisedienst SSR. Soeben hat das Eigenkapital nach achtmonatiger Sammelzeit die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrenze von fünf Millionen Franken überschritten. An die 1.500 ZeichnerInnen teilen sich derzeit die Aktien -Bezugsrechte der künftigen Bank. Auf Kritik stieß dabei allerdings die Aufteilung in Stimmrechtsaktien und Inhaberaktien mit verschiedenen Nennwerten, wodurch den großen Organisationen wie etwa Greenpeace und WWF ein Einflußpotential zufällt, daß größer als ihre Einlagen ist.

„Eine demokratisch und pluralistisch strukturierte Bank mit ethischer und ökologischer Zielsetzung“, so Pressesprecher Hans Peter Vieli, ist gleichwohl das Ziel der ABS -Aktivisten. Diskutiert wird derzeit, wie und durch wen die ökologische und ethische Kreditwürdigkeit denn geprüft werden soll. Schon jetzt meinen ABS-Aktivisten, daß es leichter sei, Geld zu bekommen - davon gibt es in der Schweiz genug -, als ausreichend satzungsgemäße Anlagemöglichkeiten zu finden, also Projekte, die den strengen Normen genügen - und das Geld auch wollen. Noch Ende 1989 soll jedenfalls die Eidgenössische Bankenkommission um Genehmigung angegangen werden. Die Gründung der Aktiengesellschaft ist dann fürs erste Quartal 1990, der Eintrag ins Handelsregister etwa für Mai '90 vorgesehen. Am 1. Juni 1990 sollen, so der Fahrplan eingehalten wird, die ersten Schalter öffnen.

Neben den meisten Geschäften einer gewöhnlichen Bank wird an die Ausgabe von Öko-Obligationen und den Handel mit solchen Wertpapieren, also eine Art Öko-Börse, gedacht. Selbstverwalteten Projekten soll ferner eine breite Dienstleistungspalette von der Wirtschaftlichkeitsanalyse bis zur Steuerberatung angedient werden. Schon jetzt erscheint vierteljährlich 'Moneta‘, die „Zeitung für Geld & Geist“, die das Projekt ABS kritisch begleiten und das Wirtschaftsgeschehen von unten beleuchten soll.

In Konkurrenz zur grün-alternativen ABS steht die „Ökobank Schweiz“, die auf das Reservoir moosgrüner Umweltschützer setzt und nach Auskunft ihres Initiators Bernhard Wehrli, dem Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz, „politisch strikt neutral“ geraten soll. Die Ökobank, um die es in letzter Zeit stiller geworden ist, soll ökologisch orientierte Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen fördern und in etwa zwei Jahren gegründet werden.

Interessiert beäugen ABS wie Ökobank die praktischen Erfahrungen der bereits existierenden Freien Gemeinschaftsbank Schweiz, die Kredite laut Statut nur „gemeinnützigen oder sonst der Allgemeinheit dienenden“ Projekten gewährt. Entsprechend der anthroposophischen Ausrichtung dieser Genossenschaftsbank verteilen sich die im Jahre 1987 ausgegebenen 158 Kredite in Höhe von 13,8 Millionen Franken vorwiegend auf Rudolf-Steiner-Schulen und

-Kindergärten, biologisch orientierte Landwirtschaftsbetriebe und heilpädagogische Einrichtungen. Auch diese Bank gibt sich betont unpolitisch und verweist auf Kunden „aus dem gesamten andersdenkenden Spektrum“. An Kundschaft mangelt es ihr nicht.

Thomas Scheuer

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