Flexible Antworten

■ Margaret Thatchers Kurzbesuch bei Helmut Kohl in der Pfalz

Kanzler Kohl verrenkt sich in seinen flexiblen Antworten. Seine Sätze wabbeln wie Seifenblasen ziellos durch den Saal. Die Kommentare, die er „macht“ (O-Ton), entbehren jeglicher Meinung. Seine Gesten verraten Unbehagen in der Gegenwart seiner überlegenen, weil überlegenden Gegnerin Margaret Thatcher. Und als Kohl dann noch die Mineralwasserflasche vom Tisch kullert... Kurzum: Der Kanzler kam als Verlierer zu den Journalisten. Zielstrebig wie eine ihrer geliebten Kurzstreckenraketen äußert sich dagegen die britische Premierministerin. Und sie hält sich noch zurück. Denn Kohls Kopf in Bonn ist London allemal lieber als eine rot-grüne, „links-neutrale“ Bundesregierung, die - so spukt es in manchem Politgehirn - völlig versessen auf Gorbatschow der Nato abschwören könnte.

Die britische Regierungschefin stach den Kanzler aus: Kohl lehne wie sie eine dritte Nullösung ab - glaube sie. Der Kanzler könne sie ja verbessern, falls sie ihn falsch verstanden habe, bevormundet Maggie Thatcher Kohl in aller Öffentlichkeit. Wehrt er sich? Nein, er überläßt der widerspenstigen Britin das Wort. Maggie Thatcher nutzt es taktisch. Sie macht aus den Raketenrangeleien einen Strategiestreit: Von der Lance-„Modernisierung“ hänge die gesamte Nato-Strategie der „flexible response“ und der „Abschreckung“ ab. Werde nicht „modernisiert“, breche die ganze Strategie zusammen und mit ihr die Nato. Dieser Satz stand im Raum - und viele der ausländischen Journalisten sahen die „abtrünnigen“ Bundesdeutschen gleich danebenstehen. Da nutzte es nichts, daß Kohl versichert, ihn übertreffe an Nato-Treue keiner im Westen. So wußte am Ende jeder, was die „Eiserne Lady“ will.

Ob Kohl und seine Koalition indes einen einheitlichen Willen haben, ließ sich im Satzgeschäume nicht ergründen. US -Journalisten und Briten stellten allerdings in den Gängen schon die Frage: „Stimmt es, daß Kanzler Kohl morgen mit Bush telefonieren will?“

Fabian Fauch