Nur in Abstimmung mit den Betroffenen

■ Modellprojekt für sterbende Aidspatienten soll in Hamburg eingerichtet werden

Ein heißes Eisen faßt die Hamburger Gesundheitsbehörde mit ihrem Modellprojekt „Wohnen in Pflege“ an. Seit Jahren schon werden „Sterbehäuser“ oder Hospize kontrovers diskutiert erst recht seit dem Auftreten von Aids. Das kann nicht verwundern, bewegen sich diese Einrichtungen doch immer auf der Scheidelinie zwischen angemessener Versorgung der Betroffenen und der Ausgrenzung Sterbenskranker. Wohin das Konzept des einzelnen Hauses kippt, hängt von der Konkretisierung dieses Konzepts ab.

Unstrittig ist, daß es einen Bedarf zur Pflege und Sterbebetreuung Todkranker gibt und daß diese nicht immer bis zuletzt in der Wohnung der Betroffenen erfolgen können. Durch Aids werden bestehende Mißstände nur verschärft und sichtbar. Hier sind es vor allem sozial deklassierte Drogengebraucher, denen oft sogar eine eigene Wohnung fehlt. Folge sind die Lebensqualität einschränkende langfristige Krankenhausaufenthalte oder die Umlegung in Altenpflegeheime.

Ein bedarfsgerechtes Konzept für ein Projekt, wie es jetzt in Hamburg geplant wird, kann nur in enger Abstimmung mit den künftigen Bewohnern einer solchen Einrichtung und deren Selbstorganisationen, wie dem „Regenbogenprojekt“, entstehen. An dieser Abstimmung mangelt es in Hamburg ganz offensichtlich. Statt dessen wird ein traditioneller Wohlfahrtsverband, das katholische Diakonische Werk, als Träger benannt. Ob dies eine weise Entscheidung war, darf auch angesichts der Tatsache bezweifelt werden, daß die meisten der zukünftigen Bewohner des Hauses wohl aidskranke Fixer und Schwule sein werden, die kaum scharf darauf sein dürften, auf ihre letzten Tage noch Opfer „christlicher Barmherzigkeit“ im Schoße der katholischen Kirche zu werden. Da aber diese Sterbehäuser immer die Gefahr des Abdrängens und des Ausgrenzens in sich tragen, ist der ambulanten Versorgung im gewohnten Lebensumfeld des Kranken soweit wie möglich der Vorrang einzuräumen.

Andreas Salmen