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„Erfolg“ in Kreuzberg

■ Berlins Innensenator verteidigte erneut Deeskalationsstrategie

Berlin (taz) - Der Berliner Innensenator Erich Pätzold (SPD) verteidigte gestern in einer Sitzung des Innenausschusses erneut seine Strategie der Deeskalation bei den Ausschreitungen am 1. Mai. Es sei ein Erfolg der Polizei, daß sie „im großen und ganzen Kreuzberg im Griff hatte“. Seine Strategie sei vor allem langfristig erfolgreich, schätzte Pätzold ein. Durch Entsolidarisierung des Umfelds, wie sie in diesem Jahre stattgefunden habe, könne schließlich eine „Austrocknung der Gewalt“ erreicht werden. Es sei aber ein „gewolltes Mißverständnis“, Deeskalation dahingehend zu interpretieren, daß nun nicht mehr gegen Gewalttäter vorgegangen werden solle.

Pätzold verteidigte auch sein Verhalten gegenüber der Polizeiführung. Der Senat habe zwar politische Vorgaben gemacht, der jeweilige Einsatz vor Ort werde jedoch von der Polizei weitgehend alleine beschlossen.

Polizeipräsident Schertz, der in der Öffentlichkeit behauptet hatte, er habe die „Vorgaben“ stets als „politische Weisungen“ begriffen, schilderte gestern lediglich den Ablauf der Ereignisse. Auf Fragen eines SPD -Abgeordneten, ob die Polizei sich ohne diese Vorgaben anders verhalten hätte, ließ der Innensenator seinen Polizeipräsidenten nicht antworten.

Selbst die CDU, die Anfang der Woche noch die Suspension des Innensenators gefordert hatte, gab sich gestern trotz lautstarken ständigen Zwischenrufen eher moderat.

Zur Sitzung am Montag soll zur Klärung der Abläufe ein Besprechungsprotokoll zwischen Pätzold und der Einsatzleitung öffentlich verhandelt werden. Daraus soll hervorgehen, daß der Senator politische Anweisungen zur Zurückhaltung gegeben habe. Debattiert wird ebenfalls erst am Montag.

RiHe

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