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Krach um PLO-Mitgliedschaft in der WHO

USA stellen sich heftig gegen Arafats Antrag, in der Weltgesundheitsorganisation WHO als Vollmitglied aufgenommen zu werden / Mit Einstellung aller Zahlungen gedroht / US-Außenminister Baker sieht „schwere Belastung für Nahost-Friedensprozeß und die ganze UNO“  ■  Aus Genf Andreas Zumach

Ohne Lösung im heftigen Streit um den Antrag der PLO auf Vollmitgliedschaft in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) endete gestern in Genf der erste Tag der 42. Jahresversammlung dieser Organisation.

Die USA hatten in der vergangenen Woche mit der Einstellung jeglicher Zahlungen und mit dem Austritt aus der UN -Sonderorganisation gedroht, falls der PLO-Antrag von den 166 WHO-Mitgliedsstaaten angenommen werde. Ein gestern vormittag unterbreiteter Kompromißvorschlag auf Prüfung der Problematik durch eine Kommission und Vertagung der Abstimmung auf die WHO-Jahresversammlung im nächsten Jahr fand weder die Zustimmung der USA noch der PLO.

Andere Kompromißvorschläge wurden trotz pausenloser Beratungen bis gestern nachmittag nicht gefunden. Heute morgen wird das Thema im Plenum diskutiert. Sollte auch hier nicht noch eine Vertagung beschlossen werden, dürfte bei der Abstimmung um den PLO-Aufnahmeantrag die benötigte einfache Mehrheit zustande kommen - bei Gegenstimmen zumindest der USA und Israels sowie einer großen Zahl von Enthaltungen wahrscheinlich sowohl der EG- als auch der osteuropäischen Staaten. Die von Gesundheitsminister Sullivan angeführte US -Delegation hat angedroht, die WHO-Tagung dann umgehend zu verlassen.

Die Drohung der USA, sämtliche Beitragszahlungen an die WHO zu sperren - immerhin rund 300 Millionen Dollar für den regulären Haushalt, also 25 Prozent des Etats - wird in UN -Kreisen quer durch die politischen Lager als „nackte Erpressung“ bezeichnet. US-Außenminister Baker hatte diese Ankündigung am Montag über die WHO hinaus auf „alle internationalen Organisationen“ ausgedehnt, „die den derzeitigen Beobachterstatus der PLO verändern“ sollten. Eine Vollmitgliedschaft der PLO in der WHO oder anderen UN -Organisationen sei eine „schwere Belastung für den Nahost -Friedensprozeß und die ganze UNO“, fuhr Baker schweres Geschütz auf. Während es für die Aufnahme in andere UN -Sonderorganisationen einer einfachen Mehrheit bedarf, verlangen die WHO-Statuten nur eine einfache Mehrheit der Mitglieder.

Die USA befürchten die Anerkennung eines palästinensischen Staates „durch die Hintertür“. Mehr dazu auf Seite 7

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