Es ruht eine Bombe auf dem Meeresgrunde

■ Ein US-Kriegsschiff verlor 1965 eine Wasserstoffbombe vor der japanischen Küste - da liegt sie immer noch

Washington/Berlin (wps/dpa/taz) - Nun mußte auch das Pentagon offiziell zugeben: Am 5.November 1965 ist vom US -amerikanischen Kriegsschiff „Ticonderoga“ ein Skyhawk -Bomber samt Pilot und Wasserstoffbombe ins Wasser „gerollt“ und 5.000 Meter tief ins Meer gesunken. Die Regierung bestätigte damit Informationen von 'Newsweek‘ und 'Los Angeles Times‘. Beide Blätter hatten aus dem Bericht eines US-Instituts zitiert, wonach ein amerikanisches Kriegsschiff - es kam aus vietnamesischen Gewässern - 1965 vor der Küste Japans eine Wasserstoffbombe „verlor“.

Nur 130 Kilometer entfernt von der ersten Insel des Okinawa -Archipels liegt die Wasserstoffbombe mit der 70fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe in der Tiefsee - auch heute noch.

Zwar hatte die Navy 1981 Japan über den Unfall unterrichtet, doch nur bekanntgegeben, daß „800 Kilometer vom Land entfernt“ im Pazifik ein atomwaffenbestücktes Flugzeug untergegangen sei. Den Japanern wurde weder der Name des Schiffes genannt, noch die tatsächliche Nähe zum Okinawa-Archipel.

Der gravierendste bisher bekannt gewordene Zwischenfall in der Geschichte der US-Navy beweist, daß US-Flugzeuge in vietnamesischen Gewässern mit Atombomben bestückt waren, und daß die US-Kriegsflotte mit atomaren Waffen an Bord japanische Häfen anlief - was japanischem Recht widerspricht. Die japanische Regierung bat allerdings nur in äußerst moderater Form um eine „Erklärung der Umstände“.

„24 Jahre lang hat die US-Navy den politisch brisantesten Unfall verschwiegen, weil er nicht nur zeigt, wie die USA die Gesetze anderer Regierungen mißachten, sondern weil auch Fragen aufkommen über den geplanten Einsatz von Atombomben in Vietnam“, so William M. Arkin vom liberalen Institut für Politische Studien in Washington, der zusammen mit Joshua Handler von der Umweltschutzorganisation Greenpeace Material über den Unfall aus dem Nationalarchiv der Navy auswertete. Beide wollen demnächst ein Buch über atomare Unfälle auf See veröffentlichen: über insgesamt 1.200 Unfällen mit Atomwaffen oder atomar betriebenen Schiffen. Elf Atomreaktoren und 48 Atomwaffen - die meisten davon sowjetischer Herkunft - seien auf See gesunken.

Jüngstes Beispiel: das atomar betriebene sowjetische U -Boot, das am 7. April vor den norwegischen Bäreninseln nach einem Brand 1.500 Meter tief sank. Dort liegt es immer noch.

AS