Hungerstreik: Warten auf CDU

■ Vertrauliche Verhandlungen im Hungerstreik der RAF bislang ohne Ergebnis / Berliner Justizsenatorin: „Chancen nutzen“ / Heute 71.Tag im Hungerstreik

Berlin (taz) - Im laufenden Hungerstreik der Gefangenen aus der RAF ist es trotz der Zuspitzung auch gestern zu keiner Lösung gekommen. Es soll jedoch erneut Gespräche mit den Gefangenen gegeben haben. Über deren Inhalt wird von den Beteiligten strikte Vertraulichkeit gewahrt. Auch ob sich dabei ein Ergebnis zumindest abzeichnet, war bis Redaktionsschluß nicht bekannt. Enttäuscht wurden ebenfalls die Erwartungen, daß es gestern - am 70.Hungerstreiktag von Gabriele Rollnik und Rolf Heißler - zu einer neuerlichen SPD-Initiative hätte kommen können. Die SPD-regierten Länder haben sich offenbar in Warteposition begeben und setzen darauf, daß eine bundesweite Lösung doch noch rechtzeitig zustande kommt. Nach über 14 Hungerstreikwochen scheint eine bundeseinheitliche Lösung zur Beendigung des Streiks immer noch am Widerstand von CDU/CSU-regierten Bundesländern zu scheitern.

Die Berliner Justizsenatorin Limbach (SPD) nutzte am Montag abend ihre Eröffnungsrede vor einem Kongreß der Bundesvereinigung der Anstaltsleiter im Strafvollzug, um einen Appell an alle politisch Verantwortlichen zu richten. Sie sollten „ihren Beitrag leisten, daß die Chance nicht vertan wird, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen“. Für den Berliner Senat beteuerte sie: „Wir haben versucht und versuchen weiterhin, mit Augenmaß und Zielstrebigkeit zu einer solchen Lösung beizutragen.“ Konkrete Schritte nannte sie jedoch nicht.

Als besonders bedrückend bezeichnete es die Senatorin, daß bei den „Strafgefangenen, die wegen terroristischer Taten inhaftiert worden sind, bisher nicht genügend Versuche unternommen worden sind, neben einer erforderlichen sicheren Verwahrung auch hier dem Resozialisierungsauftrag des Strafvollzugsgesetzes gerecht zu werden“. Indirekt griff sie in ihrer Rede auch die starre Haltung der CDU/CSU-Länder an, die bislang Fortsetzung Seite 2

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eine Verlegung ihrer Gefangenen in andere Bundesländer ablehnen: „Bunkermentalität und unbeirrbares Festhalten am eigenen Standpunkt erschweren auch dem Gegenüber die geistige Bewegung und Umkehr.“

Die Berliner Vereinigung der Strafverteidiger appellierte gestern an die Gefangenen, „deutlich zu machen, daß sie als Übergangslösung auch eine Zusammenlegung in mittelgroße Gruppen von acht bis zehn Gefangenen akzeptieren“. Die JuristInnen forderten im Gegenzug die Verantwortlichen auf, derartige Gruppen anzubieten. Gruppen dieser Größe gäbe es bereits. Sie wären rechtlich zulässig und „aus Gründen

der Fürsorgepflicht für die Gesundheit der Gefangenen sogar rechtlich geboten“.

wg/mai