piwik no script img

„Minimum 400 Tonnen Uran pro Jahr“

■ Die taz dokumentiert das „Memorandum Of Understanding“ zwischen Cogema und Veba in Auszügen

IM

Cogema und Veba streben eine Kooperation auf langfristiger Basis in Bereichen gemeinsamer Interessen an, hauptsächlich im Bereich des nuklearen Brennstoffzyklus. Bei der Wiederaufarbeitung verbrauchter Brennstoffe ist Veba interessiert an der Allokation eines wesentlichen Teils der Produktion der UP3-Fabrik an deutsche Stromversorger.

Die Kooperation zwischen den beiden Parteien würde im Rahmen eines Regierungsabkommens ausgestattet werden, um legale Hindernisse beim Transport verbrauchter Brennstoffe und ihrer Wiederaufarbeitung in Frankreich, der Rückführung aufbereiteter spaltbarer Materialien, Abfälle und Rückstände nach Deutschland zu vermeiden. (...) Aus diesen Gründen werden folgende Vereinbarungen getroffen:

1. Bezüglich des nuklearen Brennstoffzyklus nehmen Veba und Cogema Verhandlungen mit dem Ziel auf, sich auf Bedingungen zu einigen für eine langfristige Kooperation bei der Aufarbeitung verbrauchter Brennelemente, der Produktion von Mischoxid-Brennstoffen (...)

2. Wiederaufarbeitung

2.1 Soweit die Wiederaufarbeitung berührt ist, wird die Kooperation vom Abschluß eines langfristigen Wiederaufarbeitungsvertrages (mindestens 15 Jahre) mit deutschen Stromversorgern von 1999 an abhängig gemacht, wobei ein Minimum von 400 Tonnen Uran im Jahr als Untergrenze vereinbart wird.

2.2 Diese Kooperation wird aus der Gründung einer „Gemeinsamen Gesellschaft“ bestehen, in der Veba eine Beteiligung von bis zu 49 Prozent halten würde. (...)

2.3 Diese Modelle der Kooperation bedürfen einer Analyse von Cogema und Veba, um eine für beide Seiten optimale Lösung zu finden.

2.4 Die detaillierten Verhandlungen zwischen Veba und Cogema werden berücksichtigen, daß die Cogema möglicherweise einen Teil der UP3-Wiederaufarbeitungskapazitäten an die EDF zuteilen muß.

2.5 Cogema und Veba werden ihr Möglichstes tun, um dazu beizutragen, daß ein Regierungsabkommen so bald als möglich abgeschlossen wird, vorausgesetzt, daß weder die französische noch die deutsche Regierung Hindernisse und Schranken aufbaut bezüglich:

-dem Zugang zu den Wiederaufarbeitungskapazitäten der UP3 für die deutschen Stromversorger;

-dem Transport verbrauchter Brennstoffe von Deutschland nach Frankreich und ihrer Lagerung in Frankreich;

-der Rückführung des gewonnenen spaltbaren Materials und des behandelten Mülls von Frankreich nach Deutschland.

3. Produktion von

Mischoxid-Brennstoff

Bei der Produktion von Mischoxid-Brennstoff könnte die Kooperation daraus bestehen, daß Veba zu einem erheblichen Volumen in die industrielle Organisation investiert, die von Cogema für die Produktion von Mischoxid-Brennstoffen errichtet wird, und daß beide Parteien entsprechende Maßnahmen ergreifen, um einen Teil der Produktionskapazität den deutschen Mischoxid-Erfordernissen vorbehalten werden.

4. Technologie

Als Betreiber von UP3 und der Mischoxid-Brennstoff-Fabrik wird Cogema die notwendige Technologie, Betriebserfahrung und Know-how einsetzen, die dem Commissariat a l'Energie Atomique und der Cogema zur Verfügung stehen oder von ihnen erworben werden können.

5. Exklusivität

Während der zwölf Monate im Anschluß dieses Memorandums werden weder Cogema noch Veba mit anderen Gesellschaften über eine langfristige industrielle Kooperation auf dem Gebiet der Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennstoffen und der Herstellung von Mischoxid-Brennstoffen verhandeln, es sei denn, es wird eine anderweitige schriftliche Vereinbarung getroffen.

Bei der Mischoxid-Brennstoff-Produktion ist Cogema berechtigt, Verhandlungen innerhalb des Rahmens der „industriellen Organisation“ zu führen, vorausgesetzt, daß Veba dadurch nicht an den in dem obigen Paragraphen 3 spezifizierten Investitionen gehindert wird. Veba wird regelmäßig über den Verlauf solcher Verhandlungen informiert.

6. Vertraulichkeit

(...)Cogema und Veba vereinbaren hiermit:

a) daß solche Informationen ausschließlich dazu genutzt werden, um eine Entscheidung zu treffen, ob die angestrebte Kooperation weiterverfolgt werden soll,

b) daß all diese Informationen vertraulich behandelt werden und nicht ohne schriftliche Zustimmung der anderen Partei an Dritte weitergegeben werden (...),

c) bevor solche Information an eigene Angestellte und Vertreter weitergeleitet wird, müssen solche Personen sich verpflichten, die Vertraulichkeit dieser Information zu wahren, wobei vereinbart wird, daß beide Parteien die Zahl solcher Personen so klein wie möglich halten.

7. Vorzeitige Beendigung

der Verhandlungen

Falls eine oder beide dieser Parteien sich dazu entschließen oder von einer Regierungsstelle dazu aufgefordert werden, die Verhandlungen zu beenden, wird jene Partei sämtliche vertraulichen Unterlagen der anderen Partei zurückgeben.

8. Zustimmung der Regierung

Jedes Abkommen, das sich aus den Verhandlungen im Anschluß an die Unterzeichnung des vorliegenden Memorandums ergibt, unterliegt der Regierungszustimmung.

Bennigsen, Krämer (VEBA AG)

Syrota (COGEMA)

Anhang

1. Mögliche Richtlinien für die Grundlage der „Wiederaufbereitungs-Leistungsvereinbarungen“ mit den deutschen Nutzern.

1.1 Die Leistungsvereinbarungen würden sich über die Dauer von 15 Jahren von etwa 1999 bis etwa 2015 erstrecken und werden eine Vorgabe für eine Erweiterung über diesen Zeitraum hinaus einschließen.

1.2 Die Leistungsvereinbarungen würden eine spezifisch vereinbarte Menge an Brennstoff pro Jahr abdecken. Insgesamt würden die Verträge mit den deutschen Nutzern sich auf mindestens 400 Tonnen pro Jahr belaufen mit einer möglichen zusätzlichen Option von bis zu 200 Tonnen pro Jahr. MOX -Treibstoff von vereinbarten Spezifikationen würde in einem zu definierenden Anteil angenommen werden, höchstwahrscheinlich zwischen 25 und 30 Prozent.

1.3 Gemäß Geldwert und Konditionen von 1989 wäre der Grundpreis von 5.000 FF/kg U +/-200 FF/kg U gültig, mit Anpassung im Falle von:

-Änderung der Fabriknutzung von mehr als +/-15 Prozent um die nominelle Kapazität (800 Tonnen U im Jahr);

-Modifizierung der Sicherheitsvorkehrungen und Instruktionen einschließlich solcher, die (decommissioning) betreffen;

-Bedarf an zusätzlichen Investitionen, unvorhergesehenen Auffrischungen, die zu wichtigen Kapitalausgaben führen (mehr als 200 M FF im Geldwert von 1989);

-Härteklausel.

Der obige Preis wäre veränderbar in allen Fällen nach 15 Jahren seit Betriebsbeginn der Wiederverarbeitsdienstleistungen.

1.4 Die Vertragsgrundlage sollte sich nach der Regel „take or pay“ richten. Im Falle von Nichtlieferung von verbrauchtem Treibstoff während mehrerer aufeinanderfolgender Jahre wäre ein großer Teil des Grundpreises zu zahlen. (...)

Falls aufgrund der deutschen Rechtslage Wiederaufbereitung und/oder der Gebrauch von wiederaufbereitetem Material in Deutschland verboten ist und/oder deutsche Nuklearanlagen mit einer Kapazität von mehr als 2.000 MW aus politischen Gründen geschlossen werden:

1. würde Veba das Recht haben, sich aus dem gemeinsamen Unternehmen zurückzuziehen;

2. würde Veba oder Cogema nicht länger für den Erwerb der immateriellen Vermögenswerte zahlen und nicht berechtigt sein, davon Gebrauch zu machen;

3. würde die Cogema ihre Summen, die schon von der Veba bezahlt wurden, nicht zurückerstatten.

4. Cogema und Veba werden eine Spezialistengruppe bilden, um die materiellen und immateriellen Vermögenswerte des gemeinsamen Unternehmens entsprechend mehrerer Modelle zu bewerten. Diese Bewertung wird beiden Parteien bis zum 15.9.1989 vorgelegt. Auf der Grundlage dieser Bewertung wird die Entscheidung von beiden Parteien getroffen.

Dieser deutsch-französische Vorvertrag (Original in Englisch) soll die Wiederaufarbeitung bis ins Jahr 2015 sichern und die WAA in Wackersdorf überflüssig machen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen