piwik no script img

Wallmann gegen Nitsch

■ Hessische Staatskanzlei wird Nitschs Professur verhindern

„Das Hessische Kultusministerium wird den Österreicher Hermann Nitsch nicht als Professor an die Frankfurter Städelschule berufen“, so stand es gestern knapp und lapidar in der 'Frankfurter Rundschau‘. Kulturredakteur Peter Iden zufolge handelt es sich um eine Mitteilung der Hessischen Staatskanzlei, die die Meldung als zutreffend bestätigt.

Im zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kunst weiß man jedoch von nichts. Zwar hatte Wissenschaftsminister Gerhardt dem für die Berufung zuständigen Kuratorium schon im April geraten, sich die Verbeamtung des umstrittenen Aktionskünstlers noch einmal gründlich zu überlegen, die nächste Kuratoriumssitzung wird jedoch erst im Juni stattfinden. Erst nach dieser Sitzung kann der Minister von seinem Vetorecht Gebrauch machen, was er voraussichtlich auch tun wird: Zu heftig sind die Proteste aus der Bevölkerung, spätestens seit der Medienkampagne gegen Nitsch durch Iden, Aspekte und Titel, Thesen, Temperamente.

Auch die Städelschule selbst, an der Nitsch zur Zeit als Gastdozent lehrt, hat keine offizielle Stellungnahme erhalten. Maßgebend, so Mitarbeiter Wilmes, sei die Entscheidung des Kuratoriums. Alles andere bleibe pure Spekulation. Offenbar ist hinter den Kulissen, also in des Ministerpräsidenten Wallmann Hause höchstselbst, die Absage an Nitsch bereits be schlossene Sache. Ein Skandal, denn die Landesregierung darf dem Kuratorium nicht vor greifen.

Offiziell werden die zuständigen Stellen den Dienstweg wohl einhalten. Im Juni wird sich Minister Gerhardt eine formale Begründung einfallen lassen müssen, warum er Nitsch nicht für geeignet hält, Studenten zu belehren. Über Nitschs „Orgien Mysterien Theater“ wird er kein Wort verlieren dürfen, denn in künstlerische Fragen kann er der Hochschule nicht reinreden.

chp

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen