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Verkehrsprobleme in Frankfurt

Die Stadtverwaltung grübelt über „Wertabschöpfung“ bei einem Bordellbus / Entspricht der Puff auf Rädern am ehesten einem Cafe? / Flucht aus dem Bahnhofsviertel mit rettender Idee  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - „Die Damen hatten einen durchaus pfiffigen Gedanken“, sagt Frankfurts CDU-Baudezernent ebenso beifällig wie schmollend. Rechtzeitig vor Inkrafttreten der Sperrgebietsverordnung am 1.Juni flüchteten sechs Prostituierte aus dem Bahnhofsviertel. Seit zwei Wochen arbeiten sie in einem ehemaligen Linienbus im Stadtteil Fechenheim. Für die Nutzung des Verkehrsraums zahlt die Besitzerin des rollenden Puffs noch keinen Pfennig: das Straßenbauamt quält sich mit der Berechnung der fälligen Gebühren für die Inanspruchnahme von Verkehrsraum.

Das Geschäft in dem einstöckigen Eros-Center inklusive „Bordmechaniker“ scheint zu florieren. Der Bus sei „wohl immer belegt“, berichtet Stadtrat Haverkampf, ohne sich bei einem Lokaltermin davon überzeugt zu haben. „Das gucke ich mir höchstens vom Auto aus an, wenn ich sowieso in die Gegend muß“, gelobt der Mann. Selbst wenn er wollte, könnte der Frankfurter Magistrat den Frauen nicht die Existenzgrundlage nehmen. Der Bordellbus steht in einer neu ausgewiesenen Toleranzzone für die Prostitution. Bleibt also nur die Frage, wie die Kommune ein bißchen abzocken kann vom Erlös des Gewerbes. Theoretisch ginge das „wie bei jeder Würstchenbude, an deren Wertschöpfung die Stadt zu beteiligen ist“, weiß Haverkampf, „mit Karl Marx gesprochen: es handelt sich hier um den Streit der Kapitalfraktionen unter sich“.

Praktisch austragen wollen die amtlichen Marx-Leser den Zwist jedenfalls nicht. Die Berechnung der kommunalen „Wertabschöpfung“ setzt genaue Zahlen über den „wirtschaftlichen Vorteil“ der sechs Damen voraus. Konkret „müßten wir jedem Freier nachsteigen. Das wäre wenig praktikabel“, befand eine Amtsleiterkonferenz. So wühlten die Herren die Satzung für standardisierte Sondernutzungsgebühren durch. Darin stehen Regelungen für Obststände, nicht aber für einen Puff auf Rädern. Nach heftigstem Grübeln kam mann auf die rettende Idee: „Von der Morphologie her entspricht der Bus am ehesten einem Straßencafe“. Dessen Besitzer müssen monatlich Gebühren zwischen zwölf und 25 DM pro Quadratmeter bezahlen. „Wir wollen uns nicht bereichern an dem Unternehmen“, so Haverkampf, „aber das Geld müßten die doch wohl übrig haben“.

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