: „Kein Deutschenforscher“
Der Architekt des Deutschen Historischen Museums, Aldo Rossi, zur Stornierung der Planungsarbeiten ■ I N T E R V I E W
taz: Signore Rossi, am Mittwoch hat der Berliner Bausenator Wolfgang Nagel die sofortige Stornierung der Planungsarbeiten für das Deutsche Historische Museum verkündet. Hat er sich schon mit Ihnen in Verbindung gesetzt?
Signore Rossi: Ich habe davon aus den Zeitungen erfahren, aber offiziell bin ich bisher nicht unterrichtet worden.
Auch nicht von der Standortverschiebung? Das heißt ja, daß der ganze Entwurf hinfällig werden könnte.
Das wäre schade. Aber ich kann nicht in die Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland eingreifen. So mächtig bin ich nicht.
Sie arbeiten also weiter?
Wir machen unseren Entwurf fertig und legen ihn am 15.Juni vor wie geplant. Das ist eine normale Praxis in der Welt der Architektur, daß einer mit einem Entwurf beauftragt wird, der vielleicht später nicht realisiert wird.
Geschehen solche Stornierungen öfters?
Von den Privaten schon. Wenn einer eine Villa bauen will, überlegt er sich das schon mal anders, aber daß ein Staat es sich in dieser Weise anders überlegt, habe ich bisher noch nie gehört.
Fühlen Sie sich schlecht behandelt?
Nein, mir kommt das nur komisch vor, aber das sind Dinge, die passieren. Und ich glaube, daß die Bundesrepublik den Vertrag respektieren wird, wie es jedes andere zivilisierte Land auch tun würde.
Die Planung sollte ja auch sofort aus Kostenersparnisgründen gestoppt werden. Können im Moment überhaupt Kosten gespart werden?
Wenn das Museum nicht gebaut wird, schon. Aber was die Bezahlung unserer Arbeit betrifft: da werden doch alle lachen. Wir dürfen doch nicht die Bundesrepublik unterbewerten: Ein paar Millionen Lire sind doch keine Sache. Die bringen die Deutsche Mark bestimmt nicht in Schwierigkeiten.
Kennen Sie den neuen Standort? Ja, ich habe davon gelesen. Das ist ein schöner Platz. Und bevor sie den ausgesucht haben, werden sie sicher lange nachgedacht haben.
Das war eher eine einsame Entscheidung des Bausenators.
Die Deutschenforschung wird dieses Problem vertiefen. Und ich bin leider kein Deutschenforscher.
Interview: grr
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