: Profilverlust am 5.Rad
Zwei Monate Regierungspolitik der Alternativen Liste ■ K O M M E N T A R
Die vorläufige Bilanz von zwei Monaten AL-Regierungspolitik ist niederschmetternd. Nicht nur, daß die Partei als der kleinere Koalitionspartner das fünfte Rad am Wagen ist - es fehlt auch offensichtlich am Profil. Noch nicht annähernd läßt sich heute erkennen, was der Stadt das grüne Einsprengsel im roten Senat Positives bringen wird. Dabei ist ihr nicht vorzuwerfen, daß noch nichts Handfestes auf dem Tisch liegt. Vorzuwerfen ist ihr aber, daß sie sich, wie gewohnt, darauf spezialisiert hat, zu verhindern.
Es ist offenbar schwer, sich von der Opposition zu verabschieden. Die AL, so scheint es, verbindet eine Haßliebe zu den Vorhaben, die sie über Jahre so heftig bekämpft hat. Daß sie dabei nur Einbrüche erleidet, hält die Partei nicht von ihrem Sisyphusarbeit ab. Stichwort Hausbesetzungen: Da gibt es zwar ein wohlfeiles Papier, das Voraussetzungen nennt, unter denen Besetzungen geduldet werden sollen. Doch die AL bleibt damit in der Defensive. Stichwort Rudolf-Virchow-Krankenhaus: Bitter enttäuscht beklagt die Partei, daß das Projekt nicht mehr zu verhindern ist. Stichwort Deutsches Historisches Museum: Auch hier der Kampf dagegen, die Niederlage ist erneut vorprogrammiert.
Jetzt darauf zu hoffen, daß durch bessere Zusammenarbeit mit der SPD in gemeinsamen Gremien - wie im jüngsten Spitzengespräch vereinbart - dieses Dilemma aufgelöst wird, ist trügerisch. Viel wahrscheindlicher ist, daß die SPD diese Treffen dazu nutzt, der AL schon im Vorfeld auch noch die letzten Stacheln zu stutzen. Die Partei sollte sich überlegen, daß die Stadt weder am RVK noch am Deutschen Historischen Museum zugrunde geht. Die Aufgabe der AL muß es jetzt sein, die Politik für das nächste Jahrtausend vorzudenken und zu planen. Doch statt dessen schleift sie sich selbst den letzten Milimeter Profil ab im Kampf gegen Projekte des alten CDU-Senats.
Brigitte Fehrle
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