: „Stop Aids„-Projekt für Berlin
■ Senatsgeld für schwule Selbsthilfegruppe / „Stop Aids“: Safer-Sex-Workshops an stelle von „Broschürenpolitik“ / Verhaltensänderungen durch Gespräche
Unterstützt vom rot-grünen Senat wird möglicherweise noch in diesem Jahr in Berlin ein Aids-Präventionsprogramm schwuler Selbsthilfegruppen gestartet. Das auf zweieinhalb Jahre angelegte „Stop Aids„-Projekt soll mit Safer-Sex-Workshops, Gesprächskreisen vor Ort und zusätzlicher Öffentlichkeitsarbeit der Ausbreitung von Aids in der Hauptbetroffenengruppe schwuler Männer entgegenwirken. Über die „Broschürenpolitik“ hinaus sollen persönliche Gespräche zu einer Änderung des Sexualverhaltens führen. Verhaltenshilfe für den Einzelnen statt bloßer Informationsvermittlung. Nach Angaben von Vertretern der Selbsthilfegruppen (Mann-O-Meter, Berliner Aids-Hilfe, Schwulenberatungsstelle Kulmer Straße) sowie Abgeordneten von AL und SPD sind für das in den Koalitionsverhandlungen beschlossene Projekt zunächst 150.000 Mark aus dem Nachtragshaushalt '89 beantragt. Die Chancen für die Bewilligung des Geldes beurteilten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag sowohl der AL-Abgeordnete Albert Eckert als auch der Aids-Experte der SPD Raimund Bayer als „gut“.
Für den Haushalt 1990 seien weitere 670.000 Mark beantragt. Das von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragene Programm orientiert sich am erfolgreichen „Stop Aids„-Programm in San Francisco. Dort gelang es, in Anknüpfung an die Informationsphase durch Workshops und Gesprächskreise eine breite Verhaltensänderung durchzusetzen, so daß die jährliche Neuinfektionsrate unter schwulen und bisexuellen Männern auf unter ein Prozent fiel. In Berlin sollen geschulte Laien Einzel- und Gruppengespräche vor Ort in der schwulen Subkultur, in Bars, Saunen und Diskos durchführen. Erste Erfahrungen mit Infoständen und Gesprächskreisen in Bars und Diskotheken hätten eine hohe Akzeptanz unter Gästen und Betreibern gezeigt, erklärte Klaus Tillmann von der Berliner Aids-Hilfe.
Mit der Vorortarbeit sollten insbesondere die Gruppen schwuler Männer erreicht werden, die bisher wenig eingebunden in die „gay community“ sind.
Die Mittelschichtorientierung der bisherigen Präventionsarbeit solle mit fremdsprachigen und bildungsschichtgerechten Informationen abgeschwächt werden.
Außerdem wollen die Selbsthilfegruppen sich auch der sogenannten Sekundärprävention widmen, die HIV-Infizierten den Umgang mit der Krankheit erleichtern soll.
Kotte
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