Die Grünen fordern eine Amnestie zum Geburtstag der BRD

Bonn (taz) - Die GRÜNEN haben zum vierzigsten Geburtstag der Bundesrepublik eine umfassende Amnestie für die rund 50 000 Strafgefangene vorgeschlagen. „Die Bundesrepublik feiert, und diese Menschen sitzen im Schatten“, sagte die Bundestagsabgeordnete Christa Nickels bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs. Der Gnadenakt brauche größtenteils keine neuen Wege beschreiten, sondern lediglich das zur Ausführung bringen, was an liberalen Möglichkeiten im zehn Jahre alten Strafvollzugsgesetz enthalten sei. Eine Geburtstagsamnestie böte „Gelegenheit, kriminalpolitische Bilanz zu ziehen, die Unzulänglichkeiten menschlicher Strafjustiz anzuerkennen und einen tatkräftigen Beitrag zur Milderung des Leids vieler Gefangenen und ihrer Familien zu leisten“, heißt es. Der Entwurf sieht vor, Haftstrafen bei Erwachsenen zu halbieren und Jugendstrafen auszusetzen. Lebenslange Freiheitsstrafen sollen auf 15 Jahre begrenzt werden; eine bereits jetzt existierende Regelung, die aber kaum zur Anwendung kommt. Ausgenommen werden von der Amnestie sollen Menschen, die wegen Mord und Sexualverbrechen verurteilt sind, sofern von ihnen Gefahr zu neuen Straftaten ausgehen, und Nazi -Verbrecher.

In der Bundesrepublik hat es lediglich 1949 und 1954 Amnestien gegeben, mit denen Straftaten der Nachkriegswirren wie Kohlenklau und Schwarzhandel aufgehoben wurden. Im Jahre 1969 setzte die sozialliberale Koalition eine Amnestie für Straftaten im Zusammenhang mit der Studentenbewegung durch.

gn