: Die Tragik des Klassenkampfes
■ Hertha BSC ringt Darmstadt 98 mit 1:0 nieder / Freiburg - Blau-Weiß90 2:4
Eckhard Krautzun schwang sich auf in epische Höhen. Als „Tragik“ bezeichnete der Darmstädter Trainer die Niederlage seiner Mannschaft, die im schicksalshaften Kampf gegen den Abstieg drei Minuten vor Schluß durch Libero Greiser das Unabänderliche hinnehmen mußte.
Seltsamerweise rief aber der erfolglose Kampf der Darmstädter gegen das weltimmanente Verhängnis (siehe Hegel) in Form von Hertha BSC bei den ZuschauerInnen weder Bewunderung noch gar Seelenerschütterung mit den leidenden Helden hervor. Eher Erleichterung, denn genau 87 Minuten hatten sich die Hessen taktisch geschickt vor dem eigenen Tor postiert und erinnerten an alte „Catenaccio„-Zeiten. Dabei wuchsen sie tatsächlich über sich hinaus, und fast schien es, als verzweifelten die Herthaner an dieser hehren Idee des destruktiven Fußballspielens.
Keine Gowitzke-Flanke landete auf Rombachs Kopf, und Greiser, Kurtenbach sowie Gries scheiterten immer wieder an Torwart Bergs Nordwand. Dann aber schlug doch die Unerbittlichkeit eines höheren Gesetzes zu - oder war es doch die bloße Laune des fiesen Zufalls -, als Greiser kurz vor dem Abpfiff unbedrängt aus fünf Metern den Ball über den Berggipfel ins Tor drehte.
Der erhabene Offensiv-Fußball hat - dank der Götter - eine Mannschaft vielleicht in den Schlund der Amateurklasse gestoßen, die - egal wie - punkten wollte. Tja, Eckhard Krautzun hat das Schicksal herausgefordert, und ihm wird es nicht erspart bleiben, wenn er sich nicht darauf besinnt, daß doch logischerweise immer das Gute gewinnt.
Nach dem Spiel meinte Hertha-Trainer Werner Fuchs: „Unsere Mannschaft spielte zu nervös, weil sie wußte, daß im Fall eines Sieges die Klasse gesichert ist. Es kamen einfach kaum Flanken über die Flügel. Als Angreifer sieht man oft schlecht aus gegen eine so massierte Abwehr. Aber letztlich wurden wir für unseren unermüdlichen Kampfgeist in der Schlußphase doch belohnt.“
Im 17. Heimspiel dieser Zweitliga-Saison hat es den SC Freiburg kräftig erwischt: Mit dem verdienten 2:4 (1:0) gegen Blau-Weiß 90 bezogen die Südbadener am Samstag vor 8.000 ZuschauerInnen nach zuvor 28:4 Punkten ihre erste Niederlage im Dreisam-Stadion.
Nach der Führung von Remark (8.) und der Wende innerhalb von nur 13 Minuten durch Tore des überragenden Adler (54./67.) und Schlumberger (60.) schwindet damit auch die Freiburger Hoffnung auf den dritten Tabellenplatz. Dagegen sind die Chancen der mit 18:16 Zählern in der Liga auswärts am stärksten Berliner, die durch Dinauer in der 83. Minute sogar noch auf 4:1 erhöhten, auf die Ausscheidungsspiele gegen den Bundesliga-Drittletzten wieder gestiegen. Erst in der Schlußminute schaffte Löw per Handelfmeter (Stark) noch eine Resultatsverbesserung.
Die durch Gaedke zusätzlich angetriebenen Gäste verdienten sich den Erfolg durch eine konzentrierte Offensive. Schon bis zur 28. Minute, als Gaedke knapp das Tor verfehlte, hatte die Freiburger Abwehr, in der Schulz dennoch überragte, Schwerstarbeit zu verrichten. Nur Kurt (59.) bot sich nach dem Seitenwechsel noch einmal eine gute Chance zum Ausgleich. Die Berliner störte auch nicht, daß ihr temperamentvoller Trainer Bernd Hoss mehrfach ermahnt werden mußte.
Schmiernik/dpa
Hertha BSC - SV Darmstadt 1:0
Hertha: Junghans - Greiser - Fistler, Kaminski - Mischke, Rinke, Gries, Patzke, Gowitzke - Kurtenbach, Rombach
Darmstadt: Berg - Scholz - Heß, Lachmann - Prinzen, Sanchez, Trares, Posniak, Schreml - Mattern, Eichenauer
Freiburg - Blau-Weiß 2:4
Freiburg: Haas - Schulz - Higl, Pfahler - Löw, Lay, Buck, Kurt, Weber - Remark, Moutas.
Blau-Weiß 90: Mager - Levy - Schmidt, Haller - Holzer, Gaedke, Schlumberger, Stark, Schlegel - Adler, Dinauer
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