: Kollaborateure werden Opfer von Lynchjustiz
Als PLO-Terror, die Bevölkerung der besetzten Gebiete von einer Unterstützung des „Schamir-Planes“ abzuhalten, wertet Israels Verteidigungsminister Mosche Arens Vergeltungs- und Exekutionsaktionen gegen Palästinenser, die von ihren Landsleuten als Kollaborateure bezeichnet werden. Arens sprach jüngst von einer „Welle palästinensischen Terrors gegen Leute, die nicht hundertprozentig die PLO-Linie vertreten“. Nach palästinensischen Angaben jedoch handelt es sich bei den 40 Palästinensern, die seit Beginn der Intifada „exekutiert“ wurden, um Kollaborateure, Spekulanten und Polizeispitzel, die vom israelischen Geheimdienst in verschiedenen Dörfern eingesetzt worden waren, mit dem Ziel, die Einheit der Intifada-Führung zu untergraben. Amerikanische Diplomaten prüften die Anschuldigungen kürzlich mit palästinensischen Persönlichkeiten in Ostjerusalem, die erklärten, daß viele solcher Aktionen gegen Palästinenser aus den besetzten Gebieten nichts mit der aktuellen politischen Lage, vor allem dem Schamir-Plan, zu tun haben.
Die israelischen Besatzungsbehörden bemühen sich indes intensiv um den Schutz ihrer Agenten und greifen häufig zu kollektiven Strafaktionen: Häuser werden niedergerissen, Familienmitglieder verhaftet. Ein Fall erregte vor einem Jahr besonderes Aufsehen, als im Verlauf einer Demonstration im Dorf Kabbattia in der Westbank Steine auf das Haus eines bekannten Agenten flogen. Der Bedrängte schoß in die Menge und tötete dabei ein Kind. Die Dorfbevölkerung stürmte daraufhin das Haus und erschlug ihn. Die Besatzungsbehörden rächten sich mit Massenverhaftungen, der Zerstörung mehrerer Wohnhäuser und einer Ausgangssperre. Vorgänge dieser Art wiederholen sich auch an anderen Orten in den besetzten Gebieten. Nach palästinensischen Quellen werden vor allem auch eine besondere Art von Grundstücksspekulanten mit „Strafen“ belegt. Besonders erbost zeigen sich die Palästinenser nämlich über weiterhin stattfindende „Überführungen“ von Ländereien innerhalb der besetzten Gebiete an jüdische Siedler. Derlei Transaktionen scheinen ohne Fälschung von Dokumenten oder Unterschriften schlechterdings unmöglich. In allen Fällen habe es sich um die Bestrafung bekannter Agenten des israelischen Geheimdienstes gehandelt. Zuerst würden die Leute befragt, und bevor es zu persönlichen Angriffen komme, würden zunächst „Abschreckungsmaßnahmen“ eingesetzt, indem man die Autos oder sonstiges Eigentum der „Verräter“ beschädige. Erst wenn dies alles nichts nütze, würden die Kollaborateure „ihrer gerechten Strafe zugeführt“.
Amos Wollin
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