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Indien mit „Agni„-Rakete zur Supermacht

■ Indiens Verteidigungsexperten feiern erfolgreichen Test einer Mittelstreckenrakete / Aufwendiges Prestigeobjekt katapultiert Indien in den Club der Supermächte / Das nur vorübergehend entspannte Verhältnis zu Pakistan erneut belastet

Neu Delhi (ap/taz) - Endlich und rechtzeitig zum Auftakt des indischen Wahlkampfs hat sich Indien Zugang in den exklusiven Klub der Länder verschafft, die über einsatzbereite Mittelstrecken größerer Reichweite verfügen. Eine von indischen Wissenschaftlern und Technikern entwickelte zweistufige Rakete mit Reichweite von 2.500 Kilometer ist am Montag über dem Golf von Bengalen erfolgreich getestet worden. Die 7,5 Tonnen schwere Rakete wäre ohne weiteres für atomare Sprengköpfe geeignet und könnte alle Landesteile der benachbarten islamischen Republik Pakistan erreichen, mit der Indien seit der Separation bereits dreimal Krieg führte. Im Dezember vorigen Jahres unterzeichneten Benazir Bhutto und Rajiv Gandhi zwar ein Abkommen, wonach sie im Kriegsfall auf Angriffe atomarer Einrichtungen des jeweiligen anderen Landes verzichten, und das Entspannungsgeplänkel der jungen Premierminister deutete eine Verbesserung der Beziehungen an. Kurzfristig stoppte Indien gar sein Programm zur Entwicklung der Mittelstreckenraketen. Das fortgesetzte Engagement von Pakistan in Afghanistan hat die Hoffnungen auf eine substantielle Verbesserung des Klimas zwischen den beiden südasiatischen Nationen jedoch auf den Boden der Realität zurückgeholt.

Bereits mit dem Einschreiten beim Operettenputsch auf den Malediven hatte Neu Delhi im letzten November demonstriert, daß es auf dem Weg zu einer militärischen Supermacht nicht Halt machen will. Nachdem der Start der Testrakete mit dem prosaischen Namen „Agni“ (Feuer) zweimal verschoben werden mußte, feierte der Ministerpräsident von Orissa nun den Start als „einen großen Erfolg“. 25.000 Wissenschaftler und Techniker sind bei der zuständigen indischen Verteidigungsforschungsstation beschäftigt. 19 militärische Forschungseinrichtungen und 26 staatliche und private Unternehmen haben daran verdient.

Auch wenn Indien sich noch immer gern in die Tradition Mahatma Gandhis stellt, de facto ist der Vielvölkerstaat derweil zum größten Waffenimporteur avanciert. 1987 kaufte Indien Rüstung im Wert von 5,2 Milliarden Dollar, mehr als Iran und Irak zusammen und zwölfmal soviel wie Pakistan. Nicht zuletzt, um die Außenhandelsbilanz auszugleichen, unternimmt die Nation alle Anstrengungen, sich zukünftig auch im Bazar der Waffenexporteure einen Platz zu ergattern.

sl

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