: Hungerstreik mit Gesundheitsfolgen
Christoph von Hören, Gefangener aus dem „Widerstand“, zum zweitenmal ins Haftkrankenhaus Fröndenberg eingeliefert / Akute Lungenerkrankung und unheilbares Rheumaleiden ■ Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) - Der wegen „Werbung für eine terroristische Vereinigung“ zu 18 Monaten Haft verurteilte Christoph von Hören mußte nach einer akuten Lungenerkrankung in der vergangenen Woche zum zweitenmal aus der JVA Bielefeld in das Gefängniskrankenhaus Fröndenberg eingeliefert werden. Von Hören, der sich selbst zum „Widerstand“ rechnet, verweigerte zum Auftakt des Hungerstreiks der RAF-Gefangenen und anderer militanter Gruppen Anfang Februar zwei Wochen lang die Nahrung.
Wegen der Lungenerkrankung (Pneumothorax), die einen lebensgefährlichen Verlauf nehmen kann, war der Gefangene nach einem Zusammenbruch erstmals am 11.März nach Fröndenberg transportiert und bis Anfang April auf der Intensivstation behandelt worden. Inzwischen wurde dem Gefangenen von einem Orthopäden mitgeteilt, daß er auch an einer unheilbaren rheumatischen Entzündung von Rücken und Becken (Bechterew) erkrankt sei. Er könne sich „kaum noch bücken und keine großen Schritte mehr machen“, schrieb von Hören aus dem Knast. Nach Auskunft von Ärzten können die Symptome der Rheumaerkrankung nur durch intensive Behandlung wie Krankengymnastik oder Bäder eingedämmt werden.
Der Gefangene fordert eine fachärztliche Untersuchung durch Mediziner seines Vertrauens. Seine Haftfähigkeit wird nach Angaben des Gefängnisleiters Axel Dantz gegenwärtig geprüft. Die Hinzuziehung weiterer Ärzte sei „aus anstaltsärztlicher Sicht nicht notwendig“, sagte Dantz zur taz.
Christoph von Hören ist erst seit Ende Oktober 1988 in Haft. Für Rechtsanwalt Gerd Klusmeyer ist die Haftunfähigkeit seines Mandanten spätestens nach dem erneuten Zusammenbruch und der Einlieferung ins Krankenhaus offensichtlich. Sein Zustand habe sich binnen weniger Monate so sehr verschlechtert, daß „sehr bald was geschehen muß“, sagte Klusmeyer. Die „Angehörigen der politischen Gefangenen“ fordern seine sofortige Freilassung. Der Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizministeriums, Dieter Wendorff, betonte, auch ein Gefangener, der mehrfach ins Krankenhaus eingeliefert werden müsse, sei nicht zwangsläufig haftunfähig.
Von Hören sitzt wegen einer Veranstaltung zur Zusammenlegung der politischen Gefangenen, die 1986 in Detmold stattfand. Er war dort als Redner aufgetreten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen