: Plötze-Frauen brechen ihren Hungerstreik ab
■ Nach sechs Wochen nehmen die Gefangenen wieder Nahrung zu sich / Von Justiz zugesagte Verbesserungen der Haftbedingungen werden als „Erfolg“ gewertet
Nach einem Gespräch mit dem Leiter der Abteilung Strafvollzug im Justizsenat, Flügge, haben die sechs Gefangenen des Frauenknasts Plötzensee am Montag abend ihren unbefristeten Hungerstreik abgebrochen. In dem Gespräch, das am Montag stattfand, hatte Flügge die am vergangenen Donnerstag im Rechtsausschuß des Abgeordnetenhauses angekündigten Verbesserungen der Haftsituation den Frauen gegenüber präzisiert und für verbindlich erklärt. Diese Klarstellung war vonnöten, weil den Gefangenen von Anstaltsleiter Höflich zum Teil offenbar etwas anderes übermittelt worden war, als mit der Justizverwaltung vereinbart wurde.
An dem Gespräch mit Flügge nahmen alle sieben Gefangenen teil, die unbefristet die Nahrung verweigert hatten, die Gefangenen Silvia Bellersheim und Birgit Kursawe hatten dabei schon mehr als sechs Wochen gestreikt. Nach Angaben von Anwalt Thomas Herzog ist die Freude unter den Gefangenen über das Ergebnis groß. Als Erfolg werde vor allem die Zusage gewertet, daß die Verbesserungen nur ein erster Schritt zu weiteren Reformen seien und daß Insassinnen -Vertreterinnen an der „Planungsgruppe“ zur Neugestaltung des Frauenstrafvollzugs beteiligt würden.
Verbindlich bestätigt wurde von Flügge, daß die drogenabhängigen Gefangenen künftig ohne Trennscheibe Besuch von ihren Eltern, Großeltern, Kindern und Geschwistern bis zum Alter von 14 Jahren haben können.
Von der ein- und ausgehenden Post werden 10 Prozent stichprobenweise auf den schriftlichen Inhalt hin überprüft. Die geöffneten Briefe gehen noch mal zu den Gefangenen zurück, die sie dann selbst zukleben. So können die Frauen eher überblicken, welche Briefe von welcher Gefangenen wie häufig kontrolliert werden. Die drogenabhängigen Insassinnen des Hauses V können künftig von nachmittags bis abends zu den Gefangenen auf den anderen Stationen gehen. Zum Überwechseln werden die Stationstüren jede Stunde geöffnet. Längerfristig sollen die Türen gar nicht mehr abgeschlossen werden. Nachdem sich unter den Beamtinnen bereits Unmut über die viele Schließerei breitmacht, könnte dies schon bald der Fall sein.
Die zugesagten „häuserübergreifenden Kommunikationsmöglichkeiten“ sollen nach Angaben von Christoffel vom Anstaltsbeirat „schnellstmöglich“ organisiert werden. Laut Anwalt Herzog wurde den Gefangenen eine Beteiligung an der weiteren Planung zugesagt.
plu
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