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■ RB-Hörspiel von Thomas Vanesta: „Suite Monochrome“. Regie: Heinz von Cramer

Vier Hörspiel-Miniaturen für zwei Stimmen: Hille Darjes und Chris Alexander sprechen Thomas Vanestas Hörspieltext, dessen inhaltlicher und akustischer Ort ein Zustand zwischen erzählbaren Geschichten, genauer gesagt: Liebesgeschichten. Sagt jedenfalls Vanesta, der seinem Hörspiel eine „Arbeitsnotiz des Autors“ voranstellt. Macht sich schon mal sehr gut, wenn man die Hörer an die Hand nimmt und ihnen die Brosamen aus der eigenen Geisteswerkstätte in die Ohren streut. Sie könnten sonst in die gleiche Lage kommen wie der Autor, der seinem erlauchten Hörerkreis anvertraut: „Die erste Miniatur verstehe ich eigentlich selbst nicht.“ 'Obacht‘, heißt das in der Attitüde des demutsvollen Künstlers, 'nicht ich spreche - es spricht aus mir.‘ Und es sprach aus Vanesta im Stil eines unentzifferbaren Textes, der Kunstwerk sein will.

Vanesta hat zu seinem Hörspiel noch mehr gesagt: Die „Zwischenzustände“ seien akustisch, „und ihre Existenz nährt meinen Verdacht gegen alles optisch Erzählte, daß es bestenfalls die halbe Wahrheit sei.“ Nun gibt er also in schöner Selbstüberschätzung vor, akustisch die ganze Wahrheit mitzuteilen. Und er hat großes Glück gehabt, daß ihm bei diesem bedeutsamen Unterfangen nicht nur Schauspieler von Hille Darjes‘ und Chris Alexanders Gnaden, sondern auch ein Hörspiel-Regie-Virtuose wie Heinz von Cramer unter die Wörter griffen. So hörte man tatsächlich Zwischen-Räume von seltsam-fremdem Klang, in hochästhetischer Akustik, doch ohne die geschmäcklerische Selbstbezogenheit, mit der Vanesta seinen Text zur Kunscht aufblasen will. Die Stimmen von Hille Darjes und Chris Alexander nahmen sich ebenfalls sehr segensreich des Textes an, mit allen Facetten und Modulationen, so daß man, über so viel schauspielerischer und inszenatorischer Kompetenz, beinahe die hermetische Bedeutungshuberei des Textes hätte vergessen können. Aber gerade dem Text soll man ja beide Ohren leihen, und die hängen bald schlapp herunter: zum einen geht's rein, zum anderen sofort wieder hinaus. Der Stein-suchende Mann, der ein ums andere Mal sich fragt, ob es „oben“ wohl hell oder dunkel sei? Ob er hier nicht schon mal gewesen wäre? Ob er den Stein aufheben solle, auch wenn gar keiner da sei? Die Frau monologisiert miniatürlich mit einem nicht vorhandenen Gesprächspartner über den Planeten „Tyrone“, der auch Broccoli oder sonstwie heißen könne, jedenfalls in New Mexico gelegen, oder auch ganz woanders. Eins aber steht fest: „Das ist Machismo.“ Der vierte Minia -Tor schließt seinen Monolog mit der Hoffnung, „daß es noch einen Weg zurück gibt, dorthin, wo keine Wörter mehr sind.“ Das allerdings hoffe ich auch.

Sybille Simon-Zülch