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Richter entscheiden für Anti-Atom-Ärzte

■ Ärzte dürfen kriegsmedizinische Forschung verweigern

Kassel (dpa) - Zwei Ärzte, die sich geweigert hatten, an einem Medikament zu forschen, das bei einem Atomkrieg die Kampftüchtigkeit von Soldaten verlängern kann, haben vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht erfolgreich gegen ihre Kündigung geklagt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Kassel bescheinigte ihnen am Mittwoch einen „Gewissenskonflikt“ und entschied, daß der Prozeß vor dem Düsseldorfer Landesarbeitsgericht wiederholt werden muß.

Die Ärztin Brigitte Ludwig und ihr Kollege Bernd Richter aus Neuss hatten es aus Gewissensgründen abgelehnt, ein zunächst für die Krebstherapie entwickeltes neues Präparat des Pharmakonzerns Beecham-Wülfing weiter zu testen. Sie hatten eher beiläufig erfahren, daß sich der Konzern von der neuentwickelten Substanz besonders gute Geschäfte im Bereich der Nato versprach. Das Präparat sollte Erbrechen verhindern, was Soldaten im Fall eines Atomschlags noch für etliche Stunden kampffähig gehalten hätte. In den drei Prozessen bestritt der britische Pharmakonzern diese Version energisch. Beecham-Wülfing habe „keine Kontakte zu militärischen Organisationen aufgenommen“. Die Richter in den beiden ersten Instanzen erkannten die „Gewissensnot“ der Ärzte nicht an. So sah das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf in seinem Urteil einen „Gewissenskonflikt“ ganz lapidar als „nicht relevant“ an. Der 2. Senat des BAG betonte dagegen, daß das „subjektive Gewissen“ verfassungsrechtlich geschützt sei. Das neue Medikament sei nämlich sehr wohl für den Einsatz im militärischen Bereich und im Fall eines Nuklearkrieges geeignet, so das Gericht.

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