Zuviel Geld verdirbt den Leistungswillen

Keine Preisgelder bei den Tennismeisterschaften der Jugend / Gekämpft wird um Weltranglistenplätze  ■  Aus Berlin Daniela Hutsch

Eine ganze Woche lang schien über dem Center Court A der Tennisanlage von Rot-Weiß an der Hundekehle die Sonne; daß sie auch über den Nebenplätzen schien, blieb von den Zuschauern weitgehend unbemerkt. Dort wurde parallel zum großen Internationalen Deutschen Damen-Tennisturnier die Juniorenmeisterschaft ausgetragen, die in diesem Jahr zum 40.Male stattfand. Einhundert Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren aus 13 Nationen traten zwecks Siegerermittlung gegeneinander an.

Mit viel Ehrgeiz waren die Jugendlichen bei der Sache, gekämpft wurde um jeden Punkt, Punktverlust wurde nach Art der Erwachsenen bisweilen lautstark verflucht. Balljungen und Schiedsrichter wurden vom Damen-Tennisturnier „ausgeliehen“, sowie auch der eine oder andere Zuschauer, der sich kurzfristig auf einen Nebencourt verirrte.

Nur der Getränkewart konnte das alles nicht so ganz ernst nehmen und stolperte mitten im Spiel über den Platz, um den Getränkenachschub zu sichern. Der Schiedsrichter nutzte die Unterbrechung, um sich schnell ein Perrier gegen die Hitze auf den Bock reichen zu lassen. Da konnten die Spielerinnen nur noch den Kopf schütteln.

Aber sonst ist alles wie bei den Erwachsenen, auch die Enttäuschung der 13jährigen Münchnerin Marketa Kochta, die sich im Finale der zwei Jahre älteren Anke Huber aus Heidelberg geschlagen geben mußte. Verantwortlich machte die Münchnerin, ganz in Erwachsenenmanier, das gerade gewonnene Damenturnier in Starnberg, das sie wohl geschwächt habe.

Ein Preisgeld gab es nicht für die besten Junioren und Juniorinnen, aber Punkte für die Jugend-Weltrangliste. Zuviel Geld verderbe auch nur den Leistungswillen der Kinder, und Leitfigur Steffi Graf wurde für ihre ersten Siege ja auch nur mit Gummibärchen belohnt. Doch daß die Kinder schon sehr früh mit der kommerziellen Seite des Sports in Berührung kommen, lasse sich im Tennisgeschäft eben nicht verhindern, meinte Damen-Bundestrainer Jürgen Hackauf, der einige der Spielerinnen bei diesem Turnier betreute.

Wie auch bei den Erwachsenen sind die Jugendturniere in fünf Kategorien unterteilt, bei denen unterschiedlich viele Punkte für die Weltrangliste vergeben werden. Darüber hinaus gibt es auch für die Jugendlichen den „Grand Slam“, und wer diesen gewinnt, kann es mit der Erwachsenen-Konkurrenz aufnehmen. Die Jugendturniere sollen den Übergang in den Profi-Sport erleichtern, und einige der Jugendlichen spielen eine Zeitlang „zweigleisig“, bevor sie ganz in das Erwachsenenfeld überwechseln.

Die Talente für den Nachwuchs werden erstaunlicherweise nicht auf dem Tennisplatz gesichtet, sondern in einem zu diesem Zwecke veranstalteten Mannschaftsmehrkampf in Form einer Deutschen Meisterschaft. Kinder unter zwölf Jahren treten dort in den Disziplinen Tennis, Hockey, Fußball, Geschicklichkeit und Ausdauerlauf an. Nur wer generell sportlich talentiert ist, bringe auch die Voraussetzungen für den Tennis-Leistungssport mit, erklärte Bundestrainer Hackauf diese Art der Talentsichtung.

Daß dieses Prinzip zumindest für den weiblichen Nachwuchs recht erfolgreich war, bewies diese Jugend -Tennismeisterschaft: Zwei deutsche Spielerinnen standen sich im Finale gegenüber, eine weitere, die Berlinerin Carolin Franzke, ist erst im Halbfinale gescheitert, etwas gehandicapt durch den Nasenbeinbruch, den sie sich beim Schautraining mit Gabriela Sabatini selbst beigebracht hatte.

Das fehlende Publikum beim Jugendturnier beklagte die Finalistin Marketa Kochta nicht, ganz im Gegenteil: „Je weniger, desto besser, die stören bloß.“ Und ein Gutes hatte der Zuschauermangel tatsächlich: Die Spielerinnen des Jugendturniers jedenfalls brauchten sich nicht öffentlich bei den vielen Sponsoren, Ausrichtern, Prominenten zu bedanken und damit den geplagten Zuschauer zu gereiztem Gelächter hinreißen, wie es unlängst Steffi Graf mit ihrer ausschweifenden Dankesrede gelang.