„Slalom-Fernsehen“

■ taz-Gespräch mit Rudolf Geisler, Leiter der mitveranstaltenden Landesbildstelle

taz: Was halten Sie von Untersuchungen zum Fernsehverhalten von Kindern?

Geisler: Es sind doch oft bloß Zahlen, hinter denen nichts Inhaltliches deutlich wird. Was bedeutet zum Beispiel die Feststellung, daß 90% der Mütter die Fernsehprogramme auswählen? Was wählen die aus?

Machen Sie sich Sorgen um die Kinder?

Meine größte Sorge ist das sog. „Slalomfernsehen“, das amerikanische ZappingN. Die Kinder schalten in schneller Reihenfolge in eine ebenso rasante Bilderfolge um. Manche wissen schon, wann ungefähr bei welcher Serie der entscheidende Punkt kommt, wo sich die Handlung ändert.

Die Landesbildstelle hat den Auftrag, die Lehrer über die aktuelle Medienlage zu informieren. Was vermitteln Sie?

Mich beunruhigt am meisten, daß die Mehrzahl der Pädagogen nicht weiß, wer „Knight Rider“ ist. Die kennen häufig nicht mal das Wort Video-clip. Ich habe Lehrern schon Video-clips vorgeführt, und die haben gelitten und mich gebeten, abzuschalten. Sie stellen die Sinnfrage. Und sie wollen die Bilder verstehen und werden verrückt dabei.

Man hat keine Zeit mehr, sich Fragen zu den Bildern zu stellen. Eine der großen Kommunikations-Wissenschaftlerinnen Hertha Sturm, vertritt die These der „fehlenden Halbsekunde“. Eine Halbsekunde ist die Reaktionszeit z.B. am Telefon. Das ist zwischen den Bildfolgen im Fernsehen nicht mehr möglich.

Sie führen hier Videofilme vor, die z.B. die Herstellung eines Horrorfilms problematisieren. Oder eine Musikgruppe macht ihren eigenen Video-clip. Ist das untypisch für Landesbildstellen?

Ich sage immer: Manche haben die Füße im Backofen, andere den Kopf im Kühlschrank. Wir wollen den durchschnittlichen Bauchnabel in der Mitte. Und die Problemgruppe ist die mit den Füßen im Herz. Das sind die mit acht Stunden Video-clips am Tag. Keineswegs ein Problem nur der Unterschichten. Man hat auch in den Landesbildstellen dazugelernt und will außer den hochdidaktischen Lehrfilmen mit Schülern verstärkt aktive Medienarbeit machen. Fragen: Claudia Kohlhas