piwik no script img

So schön war die Zeit

■ Schlagerrevue der Nylon-Combo in der Schauburg Ohrwürmer von damals zu Wirtschaftswunder und Nostalgie

Als Persil noch „Persil 59“ hieß, da war die Welt noch in Ordnung. Da tönte es noch aus den Musiktruhen in den bunt gewürfelten Wohnzimmern mit Nierentisch: „So schön, schön war die Zeit“.

Aus der Distanz ließ Ronald Klotz mit seiner siebenköpfigen Nylon-Combo die Zeit von 1952 bis 1965 aufleben: Ohrwürmer von damals passierten Revue, als am Donnerstag in der Schauburg Premiere war. Sängerin Billi hatte sich in die Stimmlagen von Conny Francis, Catherina Valente und Gitte hineingefühlt.

Und bei so viel Nostalgie verhielt sich das Publikum hübsch a-typisch: geklatscht wurde, wenn die ersten Takte (nach dem Motto „Erkennen Sie die Melodie“) erklangen: „Wo meine Sonne scheint“ / „Volare-ohohoho“ / „Ramona“ / „und-sie-hieß -Maryann“ und schon schwelgten sie, die Kinder der Zeit.

Schlagzeug, Baß und Pianisten unterstützten nach Kräften das Gesangs-Trio - leider zu stark verstärkt. Sängerin Billi hätte ruhig mehr Soli haben können - in ihrem Pünktchen -Kleid mit Petticoat. Zu Dia-Schau und Glitzer

Mond, von tulpenartigen Stehlampen- Armen angestrahlt, lasen die smoking-verfeinerten Herren Schlagzeilen vor: Von Wiederbewaffnung und Gleichberechtigungsparagraphen, von der ersten Bild-Zeitung und Adenauers Rücktritt. Das vielbesungene Fernweh der Deutschen illustrierte auf der Leinwand das Palmen-bemalte Camping-Ei „Austermanns Knospe“ für DM 2000,- und fürs Wachstum warben Persil, Jacobs und Büstenhalter-Firmen rührend betulich.

Bis hin zur Pause mit Eierlikör und Hanseatenschiffchen war's eine nette Schlager-Schau. Was störte: Das war das Lampenfieber, was die Moderation erzittern und Atempausen störend werden ließ. Das war aber auch der Bruch mit zwei Songs aus den Goldenen 20ern, die die Themenkomplexe „Erotik“ und „Verbotene Liebe“ zu penetrant einführten. Und der Dialog mit den Freunden und Bekannten in den ersten Reihen und dem sparsam unterstützenden Männerchor „Hard Backbord“, der bereicherte das Programm auch nur unnütz.

Birgitt Rambalski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen