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Beinahe-Atom-Unfall vor Sizilien

Greenpeace enthüllt Atom-Unfall im Mittelmeer / Wieder einmal alle belogen / Selbst die italienische Regierung wußte nichts  ■  Aus Rom Werner Raith

„Die Sache“, murrt der italienische Regierungssprecher unwirsch am Telefon, „kommt natürlich gerade heute sehr ungelegen: gerade fliegt der US-Präsident ein und unsere Regierung ist sowieso schon gestürzt, Probleme haben wir auch ohne all das genug.“

„All das“ - das ist die Enthüllung der Umweltorganisation Greenpeace, wonach im November 1975 ein Zusammenstoß zweier Kriegsschiffe der Vereinigten Staaten zu einem Brand auf einem Atomwaffenträger geführt hat, der nur wenige Meter vor der Rampe von gut 60 Terrier-Raketen gestoppt werden konnte.

„Halb Sizilien und Unteritalien wäre bei der Explosion der Dinger zerstört worden“, haben die Rüstungsexperten William Arkin und Joshua Handler vom „Institute for Policy Studies“ berechnet, die Greenpeace nach dem Untergang des U-Boots „Mike“ der Sowjetunion im April 1989 mit der Untersuchung aller Kriegsschiffunglücke beauftragt hat: Nur knappe 100 Kilometer von der Küste im Ionischen Meer waren während einer Flottenübung der Flugzeugträger „John Kennedy“ und der Raketenkreuzer „Belknap“ zusammengestoßen; die Greenpeace -Forscher haben das Katastrophen-Telegramm der Schiffskommandanten in ihren Besitz gebracht und so das gesamte Desaster rekonstruieren können.

Was die Enthüllung besonders am Tag der Ankunft des US -Präsidenten Bush in Italien so brisant macht: nicht nur der Weltöffentlichkeit wurde die Beinahe-Katastrophe bis heute verschwiegen, sondern auch die italienische Regierung über den Vorfall völlig getäuscht. Ministerpräsident De Mita verweigert zwar bisher noch jeden Kommentar; sein Sprecher schließt jedoch einige „peinliche Fragen“ an die US-Gäste nicht aus.%%

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