piwik no script img

In dubio pro auto-betr.: "Notfalls fahre ich auch Rad", taz vom 24.5.89

Betr.: „Notfalls fahre ich auch Rad“, taz vom 24.5.89

Ohne entschiedeneren Druck auf die SPD ist sicher nichts zu machen. Freiwillig oder gar aus Einsicht wird diese Partei nur schwer die eingefahrenen Gleise verlassen. (...)

Aus Schweden ist mir bekannt, daß in Stockholm ab Januar 1990 jede/r AutofahrerIn sichtbar hinter seiner/ihrer Windschutzscheibe, eine gültige Monatskarte des Verkehrsverbundes anbringen muß, um in Stockholm mit seinem/ihrem Auto fahren zu dürfen. So kann er/sie jeden Tag entscheiden, fahre ich in den Stau oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dies wäre auch mein Vorschlag für West -Berlin. Eine gerechte Lösung und nicht Parkplatzgebühren für öffentlich Bedienstete mit allen möglichen Ausnahmen. Keine einseitige Belastung einzelner BürgerInnen. So kann der private Kfz-Verkehr reduziert und gleichzeitig der öffentliche Nahverkehr saniert und verbessert werden. (...)

Hans-Georg Mühlbrandt, Berlin 62

(...) Senator Wagner will nicht viel bewegen. Notfalls fährt er mit dem Rad, notfalls diskutiert er mit dem/der BürgerIn, notfalls denkt er über alternative Verkehrspolitik nach. Die Diskussion mit den TeilnehmerInnen des Verkehrspolitischen Ratschlags war für ihn nur eine Pflichtübung. Denkanstöße braucht er nicht, da er sich selbst Denkblockaden errichtet hat. (...)

Senator Wagner unterstützt ein alternatives Verkehrskonzept nur dort, wo es den/die AutofahrerIn nicht grundsätzlich kratzt: Tempo 100 auf der Avus stört nur SpinnerInnen. Überall dort, wo ein Konflikt zwischen AutofahrerInnen und alternativen Verkehrsmitteln aufkommt, wird für eine Verkehrspolitik mit Senator Wagner gelten: In dubio pro auto. Ein alternatives Gesamtkonzept: fehlt.

Die Umweltkarte macht Freude. Der beschleunigte Ausbau der Schnellbahnen ist ein Fortschritt. Bei Busspuren, verbesserten Ampelschaltungen für Busse, RadlerInnen und FußgängerInnen will Senator Wagner vergleichsweise kaum noch Geld locker und auch kaum Druck machen: Ihm fielen keine konkreten Orte ein, an denen diese Maßnahmen greifen sollten, aber viele, wo sie keinesfalls greifen könnten.

Barbara Haag, Wolfgang Seyfert, Berli

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen