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■ Die taz fußballert alternativ und werbegerecht

Die Betriebssport-Kampfgruppe der taz hatte sich bei der Deutschen Alternativfußball-Meisterschaft die schwerste Aufgabe vorgenommen: gezielt Zehnter zu werden, passend zum 10. Geburtstag der Zeitung. Und wahrlich: Es sollte ihnen gelingen. Um nicht unter die besten Acht der 16 eingeladenen Mannschaften zu kommen, verlor „Schwarz auf Weiß Berlin“ gezielt alle Vorrundenspiele; Unwissende rechneten schon mit dem Schlimmsten.

0:2 gegen den späteren Vizemeister Prinzip Hoffnung aus Köln, 1:3 gegen den Roten Nullen-Stern aus Aachen, und 2:3 gegen das legendäre Gib mich die Kirsche aus Krefeld. Um nicht versehendlich zu stark aufzutrumpfen, nahmen die ballernden Berliner sogar gezielt Verletzungen in Kauf. Redaktions-Gullit Henk Raijer lahmte schon früh, gezerrt mußte Spieletheoretiker Peter Huth die Macht des Praktischen anerkennen, Öko-Verteidiger Gerd Rosenkranz beklagte weh den Zeh, und der Leibesübler Matti merkte bald bei jedem Schritt, daß auch die alternativste Muskelfaser auf fahrlässiges Warmlaufen sehr konventionell reißt.

Zudem schien es sich zu rächen, daß das internationalistisch orientierte Blatt zwar den naturalisierten Franzosen Philippe, den kampfstarken Kurden Taha und den eleganten Holländer Henk dabei hatte, bewährte Kräfte wie Italiebner Tonio wg. Nicaragua-Gastspiel und den Griechen Kostas wg. Schwangerschaft aber nicht zum Kader zählen konnten.

Die Verstärkungen um die freien Mitarbeiter Matthias Mellinghaus, Ch. Biermann und Uli Clemens (Ruhrschiene), sowie den souverän lethargisch zuschauenden Hausmeister Jens als „sanftesten Hooligan der europäischen Fußballgeschichte“ (Leibesübungs-Libero Thömmes) zahlten sich dann jedoch aus so beim sensationellen 4:2-Sieg über den früheren Meister Flamengo Rosenau aus Nürnberg.

Beim anschließenden 1:0-Retoursieg gegen die Kirschen kam es zu zwei bemerkenswerten Zwischenfällen. Für einen Sieg stellten die Kirschen zehn Abos in Aussicht - nach langer taz-üblicher Debatte wurde dieses Angebot charakterstark zurückgewiesen. Unglücklich agierte man beim Alternativ -Anstoß (der ihm vom Gegner zugespielt wurde in Erwartung eines fairen Zurückspitzelns) - taz wertete den Ballbesitz als Geschenk und griff an; der Fauxpas wurde schließlich als Unerfahrenheit im alternativen Turnierbetrieb entschuldigt.

Beim Spiel um Platz Neun gegen Sofa Oldenburg folgte der dramatische Höhepunkt des taz-Auftritts. 1:1 stand es in der letzten Minute. Ecke für die taz. Letzte Chance. Matti reißt sich an seinem angerissenen Muskelstrang zum Kopfball in die Höhe: Stirnt er ihn hinein, hieße das Platz neun Deutscher B-Meister. Sportlich verlockend, aber er entscheidet sich für Variante zwei: Hirn einziehen - zum Werbewohle des Blattes.

So kam es zum 11mschießen, und da verzichteten die tazzen (Selbsteinschätzung: „Die Rückkehr der kickenden Leichen“) sogar auf einen Schuß, um die Niederlage nicht zu gefährden. Damit es nachher heißen konnte: „10 Jahre taz -10. Platz.“ Eine neue Abokampagne ist in Sicht.

Bernd Müllender

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