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DWK tanzt WAA-Tango auf zwei Hochzeiten

Aufsichtsrat der Wiederaufarbeitungsfirma stellte gestern die Weichen: Nach Aufgabe von Wackersdorf soll Wiederaufarbeitung in Frankreich und Großbritannien laufen / Verträge mit Sellafield und La Hague noch vor dem Sommer / Briten unterbieten Franzosen  ■  Aus Berlin Manfred Kriener

Die Wiederaufarbeitungsfirma DWK hat auf ihrer gestrigen Aufsichtsratsitzung in Hannover die Weichen gestellt: Gefahren wird zweigleisig. Das Unternehmen will sowohl mit der britischen Betreiberin BNFL als auch mit der französischen Cogema Wiederaufarbeitungsverträge abschließen. Das Unternehmen übernimmt von der Veba die Verhandlungsführung mit Cogema und führt die Anfang Mai begonnenen Verhandlungen mit den Briten weiter. Zielvorgabe: Noch vor der Sommerpause sollen zwei sich ergänzende Verträge unter Dach und Fach kommen.

Auf dem Tisch der Aufsichtsräte lag gestern die am Donnerstag ausgehandelte Offerte der britischen Wiederaufarbeitungsfirma BNFL, Betreiberin der WAA in Sellafield. Um sich neben Frankreich noch eine zweite Schiene für die Wiederaufarbeitung im Ausland zu sichern, hatte die DWK am 2.Mai im Aufsichtsrat beschlossen, auch mit den Briten über ein neues längerfristiges Wiederaufarbeitungsangebot zu verhandeln.

Die DWK-Anteilseigner RWE (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke AG) und HEW (Hamburger Elektrizitätswerke) waren mit den Verhandlungen beauftragt worden. Das Ergebnis liegt jetzt in Form einer Rahmenvereinbarung vor.

Das Angebot der Briten ist, wie die RWE-Pressestelle gestern der taz sagte, „deutlich günstiger“. Danach bietet die britische Betreiberfirma einen Wiederaufarbeitungspreis von umgerechnet 1.260 Mark je Kilogramm bestrahlten Brennstoffs. Damit wäre die französische Firma Cogema um 240 Mark unterboten, das britische Angebot um 15 Prozent billiger.

250 Jahrestonnen, etwa die Hälfte der in der Bundesrepublik anfallenden Menge an abgebrannten Brennelementen, könnte nach dem Angebot der BNFL - in Sellafield aufgearbeitet werden. Anfang der neunziger Jahre soll in dem riesigen britischen Atomkomplex der neue im Bau befindliche Anlagenteil Thorp zur Wiederaufarbeitung zur Verfügung stehen. Um diese Kapazitäten auszulasten, ist die britische Betreiberfirma auf Verträge mit dem Ausland angewiesen. Analog zur Beteiligung der Veba an der dritten Ausbaustufe der WAA in La Hague könnte sich nach dem Angebot der Briten die DWK an der britischen Ausbaustufe Thorp beteiligen. In welcher Höhe diese Beteiligung angestrebt wird, darüber wird bei den beteiligten Unternehmen Stillschweigen bewahrt.

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang in Großbritannien oder/und in Frankreich wiederaufgearbeitet wird, soll noch vor der Sommerpause fallen. „Es wurde vereinbart, auf der Basis der vorliegenden Angebote unter Federführung der DWK weiterzuverhandeln“, so RWE-Sprecher Erwin Münch.

Die erste Bedingung für einen erfolgreichen Abschluß ist allerdings das Ende für Wackersdorf, an dem nun auch die DWK nicht mehr zweifelt.

Da die britische BNFL nur die Hälfte der in der Bundesrepublik anfallenden Brennelemente entsorgen könnte, wäre der britische Vertrag nur eine Ergänzung zum Veba-Deal mit der Cogema. Vorstellbar erscheint, daß die größten AKW -Betreiber die Wiederaufarbeitung aufteilen. Dann könnten die AKWs der Veba-Tochter PreussenElektra über La Hague und die Atomkraftwerke von RWE und HEW über Sellafield „entsorgt“ werden.

Sellafield als zweite Schiene war von der DWK vor allem ins Spiel gebracht worden, um keine Abhängigkeiten entstehen zu lassen und um gegen ein „Preisdiktat“ der Franzosen gefeit zu sein, so die Argumentation der Firma. Daß die DWK auf zwei (ausländischen) Hochzeiten tanzt, ist nun sicher. Ebenso, daß sie von der Veba die Verhandlungsführung beim Cogema-Deal übernommen hat. Kommentar Seite 8

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