: Kein Anschluß für Asylbewerber
Fernmeldeamt Düren verlangt im voraus eine „Sicherheitsleistung“ / Die vorschriftsmäßige Überprüfung des Einzelfalls gilt für Flüchtlinge nicht ■ Von Bettina Markmeyer
Essen (taz) - Im nordrhein-westfälischen Düren müssen Asylbewerber, die ein Telefon anmelden wollen, 400 bis 500 Mark als „Sicherheitsleistung“ im voraus bezahlen. Bei der Anmeldestelle im Fernamt wird die vorschriftsmäßige Überprüfung des Einzelfalls nicht eingehalten, in der gängigen Praxis werden Asylbewerber als „unsichere Kunden“ eingestuft.
In der vergangenen Woche wurde einer libanesischen Familie, deren schwer asthmakranke Tochter im Notfall auf schnelle ärztliche Hilfe angewiesen ist, ein Telefonanschluß verweigert, weil sie 400 Mark nicht aufbringen konnte. Die Familie, die einen Asylantrag gestellt hat, lebt von Sozialhilfe. Deutschen Sozialhilfeempfängern wird keine Vorauszahlung abverlangt.
Dem „Arbeitskreis Asyl“ in Düren sind inzwischen etliche Fälle bekannt, in denen sich Flüchtlinge 500 Mark „zusammenleihen“ mußten, um ein Telefon beantragen zu können. Die Vorauszahlung sei „generelle Praxis“, bestätigt auch Carmen Heller-Jansen von den Dürener Grünen, „eine Hürde, die Asylbewerber nicht packen können“.
Nach der Telekommunikationsordnung vom 1.1.1988 dürfen die Fernmeldeämter nur in Einzelfällen sogenannte Sicherheitsleistungen im voraus verlangen, wenn ein Telefonanschluß beantragt wird. Dies gilt für Leute, die aus einem früheren oder anderen Anschluß noch Schulden bei der Post haben, die als säumige Zahler bekannt sind oder für Firmen, bei denen ein Konkurs abzusehen ist. All dies trifft für Asylbewerber gewöhnlich nicht zu. Ob sie schon im voraus Geld sehen wollen, entscheiden die einzelnen Fernmeldeämter nach Ermessen. Keinesfalls jedoch, so der Pressesprecher des Bundespostministeriums Muth, dürfe die Vorauszahlung generell von bestimmten Personengruppen verlangt werden. Genau dies aber ist in Düren gängige Praxis. Stelle sich aufgrund der Adresse und anderer persönlicher Angaben der Antragsteller heraus, daß es sich um Flüchtlinge handele, verlange das Amt „auf jeden Fall eine Sicherheitsleistung“, hieß es seitens der Anmeldestelle.
Stellenleiter Jäger, der die Vorschrift zur Einzelfallprüfung kennt, drückt sich vorsichtiger aus: „Es ist Zufall, daß Asylbewerber zu den unsicheren Kandidaten gehören.“ Im übrigen könne jemand, der keine 400 Mark aufbringen könne, sich doch wohl auch kein Telefon leisten.
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